Christian Ludwig Attersee

"Ich bin einfach ein sehr guter Künstler"

von Andrea Schurian  |  27. August 2010, 17:25
  • Artikelbild: "Meine Kunst kommt nicht aus der Kunst, sondern aus dem Leben"  - 
Christian Ludwig Attersee im 
März vor seinem Atelier. - Foto: Standard/Heribert Corn

    "Meine Kunst kommt nicht aus der Kunst, sondern aus dem Leben" - Christian Ludwig Attersee im März vor seinem Atelier.

Der international renommierte österreichische Künstler feiert seinen 70. Geburtstag: ein genialer Welterfinder, der in keine Schublade passen will

Wien - "Für mich ist die Malerei die höchste Form der Verständigung. Da habe ich auch selbst eine Gottgleichheit, komme dem Jetzt ganz nahe und kann die Welt täglich neu erfinden. Kunst macht mein Leben sinnvoll in dieser Sinnlosigkeit. Das ist die Qualität, an die ich glaube: ein Bild zu malen und zu beenden." Und genau das macht Christian Ludwig Attersee - wenn er nicht gerade singt, schreibt, Wörter erfindet, Klavier spielt, Opern inszeniert, Gebrauchsgegenstände designt, Häuser und Kirchen plant, Filme, Platten und CDs sammelt, den Alltag verschönt: Er malt. Liest. Hört. Schaut. Entwirft. Kreiert. Erfindet. Malt. Langsam.

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"Oft sitze ich an einem Bild ein, zwei Monate. Ich habe ja Zeit. Für mich ist die Malerei ein Beruf, in dem ich nichts mehr beweisen muss. Meine Bilder werden mir zugetragen von oben, unten und seitlich. Von überall. Ich brauche nur eine Zeitungszeile zu lesen, und schon fallen mir hunderte Bilder ein. Das ist das Wesen meiner Malerei: Alles kann alles sein. Der Inhalt kommt aus der Malerei."

Wogende, farbrauschige, überbordernde, poetische und verstörende Bildgeschichten hat Christian Ludwig Attersee auf tausenden Leinwänden erzählt, mit dem ihm typischen Attersee-Vokabular und den gewissen Attersee-Strichen und Pinselhieben, oft über die Leinwand hinaus. Hat sich mit Wind, Wetter und Wasser beschäftigt, mit Religionen, Kirchengeschichte(n) und Philosophien, mit Lebenslüsten und Sinnesgenüssen, Eros und Moral.

Zwei Hände zum Malen

"Wenn man kein besonderer Mensch ist, kann man keine besondere Kunst machen. Talent allein ist lächerlich. Man muss eine eigene Meinung und eine politische Haltung haben" , schärfte er zwischen 1990 und 2009 seinen Studierenden an der Universität für angewandte Kunst ein. Sorge, dass sie ihn kopieren könnten, hatte der ehemalige Staatsmeister im Segeln, der seinen Künstlernamen nach seinem Lieblingssee wählte, nie: "Es kann niemand mit zwei Händen malen. Das kann nur ich als Segler."

Aber selbst für den beidhändig malenden Gesamtkunstwerker Attersee, dem - wie Wursthäute, Briefmarken oder Weinettiketten - nichts zu klein und - wie die 4300 Quadratmeter große Don Giovanni-Malinstallation am Wiener Ringturm zum Ausklang des Mozartjahres - nichts zu groß ist, war das, was er dem Standard zum 20. Geburtstag schenkte, ein waghalsiges Experiment: Die ganze Nacht stand er an den Druckmaschinen, um buchstäblich jedes Titelblatt der Jubiläumsausgabe in ein Kunstwerk zu verwandeln, indem er 25.000-mal zehn Motive zum Thema "Adam und Eva lesen den Standard" variierte. Jede Ausgabe ein Unikat.

Und typisch Attersee, irgendwie, der in den 1960er-Jahren voll Lust und Ironie den Kunstbegriff sprengte: "Ich bin eine Bildmaschine. Ich bin Kino, ich bin Musik, ich bin Malerei, ich bin Theater. Ich bin ein Schauspieler der Malerei" sagt er und resümiert folgerichtig und frei von falscher Bescheidenheit: "Ich bin einfach ein sehr guter Künstler." Das war er schon mit sechs: Da gewann der kleine Christian Ludwig, der 1940 in Pressburg geboren wurde und dessen Familie 1944 nach Oberösterreich übersiedelte, einen Zeichenwettbewerb der amerikanischen Besatzer.

In den 1960ern erfand er das Attersteck und den Würfelbüstenhalter, posierte mit Spiegeleihöschen und der Zierprothese A aus Attersees Prothesenalphabet und verschreckte das Bürgertum mit der Ankündigung, zur Vernissage einen Dackel auf doppelte Größe aufzublasen. Doch nie ging es ihm bei seinen Aktionismen um Destruktion, sondern darum, das Leben zu feiern: "Mich interessiert weder das Geldverdienen noch der Welterfolg. Meine Kunst kommt nicht aus der Kunst, sondern aus dem Leben."

Vor dem Sterben hat der immerjunge Attersee keine Angst, warum auch, das ganze Leben sei ja nichts anderes als eine innere Sehnsucht nach dem Tod: "Ich lebe ewig bis zu meinem Tod. Und manchmal" , sagt Christian Ludwig Attersee, "manchmal lege ich mich hin und sage: Jetzt möchte ich gern sterben, weil ich gerade danach aufgelegt bin - gut aufgelegt, um zu sterben. Aber dann denke ich mir: Das Leben ist eh so kurz. Das hältst du schon durch." (Andrea Schurian, DER STANDARD - Printausgabe, 28./29. August 2010)

Aktuelle Ausstellungen:

  • Schloss Fischhorn / R&H Galerie, Zell am See, "Zeitversuch" , bis 5. 9.
  • Schloss Parz, Grieskirchen, O.Ö., "Duettlust" , 29. 8. - 17. 10.
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Posting 1 bis 25 von 41
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29.08.2010 22:53
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Narzissenfest am Altaussehersee

o überschüttet mich mit lieblichem grün :-)

Isogseich Eini
29.08.2010 22:26
Ich bin aber auch ein ziemlch guter Schleimer.

http://www.videosurf.com/video/chr... 1210630165

29.08.2010 13:23
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ich sag nur

kunstgewerbler

und hoffe, dass sich Gott Attersee nur versprochen hat...

ohneeigenschaften
29.08.2010 12:31
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ich bin einfach ein sehr guter künstler.
es kann niemand mit zwei händen malen. das kann nur ich als segler.
da habe ich gottgleichheit.

...geldverdienen ... welterfolg ... ewig bis zu meinem tod.

und manchmal lege ich mich hin und sage:
talent allein ist lächerlich. meine kunst kommt nicht aus der kunst...
wenn man kein besonderer mensch ist, kann man keine besondere kunst machen.
ich bin ein schauspieler...
...mein leben ... in dieser sinnlosigkeit...
jetzt möchte ich gerne sterben.

das hälst du schon durch.

29.08.2010 16:22
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genau so seh ich´s auch.

Der arme Kerl stirbt schon ein Leben lang,-
muß hart sein...
..jeden Tag diese Angst...
..wie hält er das nur durch???

29.08.2010 18:22
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Leben heißt Sterben.

Friedrich Engels

29.08.2010 12:29
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Christian Ludwig Attersee

….. kennt in Österreich Jedermann/frau. Auch Menschen die noch nie in ihrem Leben in einem Museum waren kennen ihn und das nicht seitdem es Seitenblicke gibt.
Welcher österreichische Künstler der Gegenwart kann das von sich behaupten.
Sind Graf, Wurm, Lassnig, Scheibel, Kogler………… der Mitzi Tant in Hintertupfing bekannt ?

Sicher nicht !

Heavyweather 
29.08.2010 20:37
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Attersee kennt man zwar den Namen aber niemand weis was er malt...
Bei den anderen schon.
Kann also nix Besonderes sein.

29.08.2010 17:34
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Wie wär´s mit

Brauer, Helnwein, Kumpf etc.

Die Lieblinge der Herschenden

haben in der Geschichte nie die Spuren hinterlassen.Aber haben gut gelebt von Professoren Gehälter und gesponsorten Ausstellungen. Die wirklich Guten die etwas bewegt haben waren meistens arm und haben nie einen braunen Kragen gehabt.

Die Lieblinge der Herrschenden.....

….wie z.B. den Medici in der Renaissance haben eine ganze Kunstepoche geprägt.
Künstler die zu ihren Lebzeiten in Armut lebten und erst später von der Nachwelt vermarktet werden sind oft nur ein Teil einer Bewegung in der viele das Gleiche machten, aber dadurch, dass sie eben noch unbekannt oder verkannt sind eignen sie sich ideal für eine Vermarktung.

Kunst ist und war schon immer BUSINESS

29.08.2010 11:22
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ob jemand ein "Künstler" ist,

entscheidet die Nachwelt. Vermutlich wird man in 100 Jahren den Attersee nur noch als Gewässer in den Voralpen kennen ;-)

29.08.2010 18:25
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Jo e,

aber von Attersees Frühwerk wird sicher etwas bleiben, auch in 200 Jahren.

monella laputa
28.08.2010 20:53
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aha! von ihm

stammt die drehbuch vorlage von "Brüno-der Film", ,

28.08.2010 18:57
malen

ist denken. manchmal nicht.

Umberto Lenzi
28.08.2010 23:05
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Malen ist Denken?

Wer sagt das?
Malen ist in erster Linie Malen.

28.08.2010 18:45
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standards kulturverständnis

eine ganze seite handke beim träumen, jedermann/buhlschaft auf der nächsten seite, und dann noch dieser attersee. könnte ja fast "die presse" sein. welches kulturverständnis hat derstandard eigentlich?

Außerirdischer
28.08.2010 17:12
Ich persönlich würde, in Anlehnung an das obige Dackelbeispiel, gerne einmal einen Poster von der Apple- oder Microsoft-Basher-Partie auf die doppelte Größe aufblasen!

Lilian Dunquerke
28.08.2010 12:54
Genau

so schaut´s aus !

28.08.2010 12:07
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wow

da pfeift´s einem so richtig um die Ohren vor lauter heißer Luft. Wo der sein Ego her hat?

unglaublich

standardabweichung
28.08.2010 11:56
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sei hauptwerk - die atterseewurst

Martin Major   
28.08.2010 15:38
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kunst ist köstlich :)

28.08.2010 11:52
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Wer sagt das? aha er, also eh niemand!

Jens Kampe  
28.08.2010 11:06
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"Ich bin einfach ein sehr guter Künstler"

Sein künstlerisches Genie wird nur noch von seiner Bescheidenheit übertroffen.

Martin Major   
28.08.2010 15:39
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warum sollte er so tun, als wüsste er nicht, dass er gut ist? das nimmt ihm doch erst recht keiner ab.

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