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08.03.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung
Kritik Ausstellung: Das brennende Herz des Atonalen
VON DANIELA TOMASOVSKY
Arnold Schönberg liebte das Bunte. Der Musiker malte expressionistisch. Eine Schau im Schönberg-Center gibt einen Überblick über sein OEuvre.

D
a ist jetzt bei Heller eine Ausstel lung der Malereien A. Schönbergs, des bekannten und gefürchteten Musikers, zu sehen. Herr Schönberg malt - wie mir Herr Heller als Cicerone mit verlegenem Lächeln versicherte - erst seit einem Jahr. Das sieht man den Sachen allerdings nicht an. Sie sehen aus, als ob ihr Verfertiger in der vergangenen Woche zum ersten Mal einen Pinsel in die Hand genommen hätte" - vernichtend urteilt Franz Seligmann im Feuilleton der "Neuen Freien Presse" am 13. Oktober 1910 über den Maler Schönberg. Auch der Kritiker der Wiener Zeitung war von den Bildern nicht gerade begeistert. "Man hat hier einen ungeübten, rohe Muster plump nachahmenden Dilettanten vor sich, der aber in seinem Empfinden echt künstlerisch ist und ,nur' nicht, was ihm vorschwebt, ins Werk setzen kann."

Und es stimmt: Selbst wenn sich über die technischen Fertigkeiten des Malers Schönberg - er war Autodidakt - streiten lässt, ausdrucksstark sind seine Bilder in jedem Fall. So zeigt ein Ölbild mit dem Titel "Hass" eine grimmige Figur mit brennendem Herzen - er malte es 1910, also zu einer Zeit, zu der er schon einiges an Kritik hatte einstecken müssen (Ende 1908 löste etwa die Uraufführung des ersten atonalen Werks, des II. Streichquartetts, in Wien einen Skandal aus). Auch seine wohl bekanntesten Werke, die Selbstporträts sind Spiegelbilder seiner psychischen Verfassung: Eines, mit schwarzer Tinte gemalt, zeigt wie dem Komponisten Tränen über die Wangen laufen. Datiert ist das Bild mit 31. 12. 1935 - wahrscheinlich verarbeitet Schönberg darin die Trauer um den Tod seines Freundes Alban Berg, der am 24. 12. gestorben war. "die malerei schönbergs wirft nochmals ein tiefes licht in seine gesamterscheinung. seine abgründe reichen bis in die dimension des psychotischen", meinte Hermann Nitsch.

Christian Mayer und Therese Muxeneder, Kuratoren der Schau "Arnold Schönberg der Maler", die bis 3. Juni im Arnold Schönberg Center zu sehen ist, haben das bildnerische OEuvre des Musikers - 160 Gemälde, Zeichnungen und Grafiken - akribisch aufgearbeitet. Zwei Bilder hat man bei der Ausstellungsvorbereitung neu entdeckt: "Winterszene" wurde bei einem Berliner Kunsthändler aufgestöbert, "Blick" war verkehrt eingerahmt gewesen - bisher hatten die Experten einen Farbklecks auf der Rückseite für das eigentliche Bild gehalten.

Die Ausstellungskonzeption folgt Schönbergs eigener Klassifizierung in Werkgruppen: Selbstporträts, Eindrücke und Fantasien, Karikaturen, Studien und Figurinen zu Bühnenwerken, Designs, Porträts und Studien sowie Naturstücke. Schönberg-(Familien)-Porträts von Oskar Kokoschka, Max Oppenheimer, Egon Schiele und Richard Gerstl ergänzen die Schau. Gerstl hatte Schönberg, seine Frau Mathilde und seine Freunde oft gemalt - bis seine Beziehung zur Familie Schönberg ein tragisches Ende nahm. Gerstl hatte sich in Mathilde verliebt und 1908 unter dem psychischen Druck dieser Ménage à trois Selbstmord begangen.

Die Schau hat aber auch Heiteres zu bieten: etwa zwei Karikaturen - "Kritiker I" und "Kritiker II" -, mit denen sich der Komponist an Ludwig Karpath und Hans Liebstöckl rächte, jenen Journalisten, die bei der Uraufführung seines 2. Streichquartetts einen Skandal inszeniert hatten. Schönberg konnte aber nicht nur über andere, sondern auch über sich selbst lachen. In seiner Karikatur "Anbrechen der Morgendämmerung in Hoisen bei Gmunden" ist zu sehen, wie sich der Komponist und Alexander Zemlinsky nach durchzechter Nacht in einem Gastgarten übergeben.

Di, Do bis So, 10 bis 18 Uhr, Mi 12 bis 20 Uhr, Palais Fanto, 3, Schwarzenbergplatz 6.

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