Salzburger Nachrichten am 18. Mai 2006 - Bereich: Seite 3
Der Standpunkt: Was die Pivi eigentlich wollte

<AUTOR/>

Jetzt hat tatsächlich einer die Idee des Steinkauzes geklaut, und Mozart statt eines Hubschraubers ein Auto vor das Denkmal gelegt. Ein Bekannter hat mich gefragt, ob ich den Künstler wegen Plagiats klagen werde. Natürlich nicht, habe ich gesagt, dieser JürgenFux hat ein Auto rücklings auf Holzlatten gelegt. Ich aber habe das Auto bäuchlings aufgestellt und ein Radl auf das Dach gelegt. Das hat dem Freund eingeleuchtet, aber eines hat er nicht verstanden: Was wolltest Du mit dem Rad auf dem Autodach sagen? Ist doch klar: Dassbei diesen modernen Künstlern ein Radl locker ist.

Seit Wochen zerbreche ich mir den Kopf, was Paola Pivi mit dem Hubschrauber eigentlich will. Womit assoziiert man einen Hubschrauber? Als erstes ist mir ein schwirrender Käfer eingefallen. Das hieße, sie hätte symbolisch einen Käfer auf den Rücken gelegt und stellt sich jetzt vor, wie das arme Tier hilflos strampelt. Das will ich nicht glauben!

Es gäbe noch eine Käfer-Variante. Vor 90 Jahren ist in Italien Kafkas Erzählung Die Verwandlung erschienen,in der ein Mann in einen Käfer verwandelt und so aus der Menschheit ausgestoßen wird. Wenn die Pivi hört, was die Leute über ihre Kunst sagen, könnte sie sich glatt auch als so ein ausgestoßener Käfer fühlen.

Künstle r werden beim Anblick eines Hubschraubers aber weniger an Käfer, sondern eher an Leonardo da Vinci denken,der als Erfinder des Hubschraubers gilt. Da Vinci hatte einen Traum: Als ich noch in der Wiege lag, ist ein Nibbio (ein Greifvogel) zu mir herabgekommen, hat mir den Mund mit seinem Schwanz geöffnet und viele Male mit seinem Schwanz gegen meine Lippen gestoßen. Hier kommt der neben Mozart zweite Jahresregent, Sigmund Freud, ins Spiel. Für ihn war ein Geier aus Gründen, die zu erörtern der Platz fehlt, ein Symbol für Homosexualität. Aber die Italienerin Pivi weiß natürlich, dass Freud einer falschen Übersetzung aufgesessen war, denn Nibbio heißt nicht Geier, sondern Milan und der ist ein Symbol der Männlichkeit, womit da Vinci im Traum eine himmlische Weihe als Macho zuteil geworden wäre.

Da es kein Geheimnis ist, dass auch unser Lreflow ein arges Lreohcam war, ist der Sinn des Kunstwerks enthüllt. Die Pivi setzt mit dem wehrlos auf dem Rücken liegenden Macho-Hubi - natürlich unbewusst - einen feministischen Befreiungsakt gegen die männliche Vorherrschaft. So, jetzt versteht die Pivi hoffentlich selbst, was sie eigentlich wollte.