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03.01.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung | ||
Architektur: Die Beseelung der Räume | ||
VON JOHANNA HOFLEITNER | ||
Heinz Tesars erste große Personale in der Pinakothek München. | ||
Ein schwarzes Hohlrelief: Mittendrin eine große kreisrunde Scheibe, die unten in einen schräg gelegten, schlanken Rhombus ausläuft. In der Scheibe findet sich, nahe unter dem oberen Rand, eine zweite, kleinere. Das Arrangement heißt "Selbstporträt". In seiner biomorphen Formensprache erinnert es an den späten Hans Arp. Just so einen Einstieg hätte man sich für eine
Architekten-Ausstellung nicht erwartet. Heinz Tesar hat sich für seine
erste große, vom Münchener Architekturmuseum in der Pinakothek der Moderne
ausgerichtete Personale aber gerade für einen solchen freien
künstlerischen Beitrag entschieden. Technik, Kalkül, Konstruktion zum
Trotz hat der 1939 geborene Innsbrucker - dem die opulente Verwendung
postmodernen Formenvokabulars wiederholt vorgeworfen wurde - in seinem
Relief Anspielungen auf Kopf, Hirn, Auge, aber auch Proportion, Gefühl,
Balance gleich mitgeliefert. Und das ist auch das Thema dieser materialreichen Schau:
Architektur mit Seele. "Architektur ist weder Verwendung noch Anwendung,
sondern Suche des Lebens", sagt Tesar. Das manifestierte er schon früh:
als Student an der Wiener Akademie der bildenden Künste und später als
angehender Architekt, der Urformen von Räumen in den Wölbungen des
Mutterschoßes ortete und seine Modelle an der Gestalt weiblicher Brüste
orientierte. Als "Homotypen" und "Präarchitektur" bezeichnete Tesar diese
biomorphen Vorformen. Dabei ist die gerade Linie nicht seines. Eher die
perfekte Kugelform, die auch die Grundlage seines "Calvarios" bildet - ein
Kreuzwegmodell, das Tesars OEuvre leitmotivisch durchzieht. Versinnbildlicht durch "Lichtlochfenster", bestimmen die Beseeltheit - und die Beseelung - von Räumen bis heute Tesars Schaffen. Kein Zufall, dass er Sakralräume für unterschiedlichste Glaubenskongregationen entworfen hat. Neben einem (unrealisierten) Konzept für die Dresdner Synagoge baute er auf der Donauplatte die katholische "Christus Hoffnung der Welt"-Kirche (1997-2000) und die Evangelische Kirche in Klosterneuburg (1993-95). In der Wiener Huttengasse entsteht ein Zentrum für Islamische Kultur. Beim Klosterneuburger Augustiner-Chorherrn-Stift ist das "Teichgartencalvario" im Fertigwerden: das größte Bauvorhaben des Ordens seit 300 Jahren. Ein zweiter Arbeitsschwerpunkt Tesars sind Kultur- und
Museumsbauten, wobei neben dem Keltenmuseum und dem Stadttheater in
Hallein insbesondere dem Entwurf für die Sammlung Essl und den aktuellen
Umbauten des Berliner Bodemuseums Raum gegeben wurden. An die frühen biomorphen Konzepte knüpft schließlich
Tesars Entwurf für die Touristenstadt "La Veneguera" (2001/02) auf Gran
Canaria an. In Reaktion auf die üblichen anonymen Hotelanlagen wollte er
Landschaft in "künstliche Natur" verwandeln. Stadt- und Naturraum sollten
in Einklang gebracht, "Muße, Leben, Authentizität" vereint werden. Der
Wettbewerb versandete, buchstäblich. Im Sinne der Nachhaltigkeit würde es
der Branche allerdings nicht schlecht anstehen, solche Überlegungen in
ihrer Planung zu berücksichtigen. Bis 8. 1. Katalog: "Heinz Tesar Architektur", Hrsg.
Winfried Nerdinger. Electa, Mailand 2005. 303 S., 35 Euro.
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