22.11.2002 15:22
Bisher größte Paul Flora-Ausstellung im Palais
Harrach
Seipel: "Die Leichtigkeit des Flora'schen
Zeichenstiftes ist letztlich eine Wiedergabe der Leichtigkeit des Seins"
Wien - In den hintergründigen und von traurig-gelassenem Witz
erfüllten Kosmos des berühmten Zeichners und Karikaturisten Paul Flora führt die
Ausstellung "Paul Flora. Zeichnungen 1938 bis 2001", die das Kunsthistorische
Museum (KHM) vom 25. 11. bis zum 12. 1. 2003 im Palais Harrach zeigt. Die magere
Walküre und dreitausendneunhundertundeinundvierzig ernste Chinesen sind ebenso
Bewohner dieses Kosmos wie Floras Markenzeichen, der schwarze Rabe, den der am
29. Juni 80 Jahre alt gewordene Künstler bei der Präsentation der bisher größten
Schau zu seinem Werk bereitwillig in die zahlreichen ihm vorgelegten Exemplare
des Ausstellungs-Kataloges zeichnete.
Leichtigkeit
"Die
Leichtigkeit des Flora'schen Zeichenstiftes ist letztlich eine Wiedergabe der
Leichtigkeit des Seins", meinte KHM-Generaldirektor Wilfried Seipel. Die
chronologisch angeordnete Schau ist zwar mit über 240 Zeichnungen die bisher
größte Paul Flora-Ausstellung, so Seipel, jedoch gehe es nicht um die Quantität.
"Paul Flora ist aus unserem Leben - nicht nur unserer Kunst - nicht mehr
wegzudenken". Der "Chronist mit spitzer Feder" habe mit seiner "subtilen Art,
seiner Gelassenheit und Distanz eine eigene Sprache entwickelt", so Seipel.
Diese Sprache sei "vertraut" - trotz des Widerspruches, den sie auch auslösen
könne -, weil sie von einem "Einverständnis in der Sicht der Welt geprägt ist",
so Seipel über den "weltzugewandten Skeptiker", wie Karl Markus Gauß Flora im
Katalog bezeichnet.
Des 1922 in Glurns im Vinschgau (Südtirol) geborene
Flora durchschaut die Welt, ohne das Abendland retten zu wollen, ohne einen über
ebendieses, fast zärtliche Durchschauen hinausgehenden Impetus seinem Werk
mitgeben zu müssen. Die Ironie ist bei Flora immer sanft, ohne dadurch weniger
treffend zu sein, die Darstellung des Einzelnen - sei es ein winziger Richard
Wagner, der am wogenden Busen einer muttergroßen Walküre sitzt, oder die oftmals
wiederkehrenden Tiroler in allen Formen - niemals entlarvend. In der innerhalb
eines Durchschreitens fast unbewältigbaren Fülle der Ausstellung sorgt so gut
wie jede Zeichnung für ein entweder lachendes oder nachdenkliches
Aufmerken.
Zeichnung gewordener Witz
Gedanklicher Zündstoff
und skurrile Momentaufnahmen (wie der am Strick baumelnde "Konstrukteur der
mißlungenen Brücke", die in der Mitte nicht zusammengehen will): Paul Flora
erschafft Zeichnung gewordenen Witz, der nur durch das hintergründige
Mitschwingen vergangener oder zukünftiger Katastrophen, persönlicher oder
reeller Weltuntergänge möglich wird.
Getragen wird die inhaltliche Fülle
von einem Zeichenstil, der in der Zusammenschau eine fast unbegrenzt scheinende
Vielfalt im Detail eröffnet - obwohl jede einzelne Zeichnung unverkennbar von
Floras Stil geprägt ist. Formenreichtum, geometrische Konstruktionen und
manchmal nur schemenhaft Sichtbares ist das Material, aus dem der "Denker und
Grübler" (Friedrich Dürrenmatt) Flora seinen Kosmos entstehen lässt. In dem der
Rabe übrigens kein besonderer Zeitgenosse ist, wie Flora, der bei der
Präsentation ans versammelte Plenum keine Wortspende richten und lieber seine
beredten Zeichnungen sprechen lassen wollte, im Katalog erläutert: "Mit denen
hat es weiters nichts Geheimnisvolles auf sich. Käufer meiner Zeichnungen wollen
mitunter eben Raben, und so zeichne ich mitunter eben solche. Die Kunst geht
nach Brot. Shamed be who evil thinks". (APA)