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Kunstberichte

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Illustration

Godzilla liebt Blumen

(cai) Wer auf der letzten Biennale in Venedig gewesen ist, der erinnert sich womöglich eh nur noch an sie, nämlich an die Apotheose der Sauberkeit und Diskretion. Und natürlich ans Stiegensteigen bis zum Höhenkoller im Österreich-Pavillon. Aber ansonsten eben bloß an den o.-b.-Kronleuchter von Joana Vasconcelos. Und "o. b." steht hier nicht für "ohne Birne". Obwohl: Glühlampe ist mir bei den vielen Tampons tatsächlich keine aufgefallen.

Ihre neueren Objekte sind dagegen schonungslos volkskulturell. Lediglich ein jodelnder Gartenzwerg wär’ erschütternder. Es ist fast wie in einem Baumwoll-und-Häkel-Schocker (und so einer ist gruseliger als diese Blut-und-Ekel-Filme), wo eine "harmlose" Großmutter mit enormer Häkelkondition einen kompletten Haushalt gnadenlos einhäkelt. Bis hin zur Klopapierrolle. Die Häkelmaschen scheinen sich ja geradezu exponentiell zu vermehren, wenn Vasconcelos den Kitsch der Massen mit gehäkelten "Spinnweben" überzieht. Klassische Nymphen zum Beispiel. Aus der Gartenidylle der Hobby-Epikureer.

Und das (etwas ältere) Zweiersofa aus lauter süßlich scheußlichen Plastikrosen? Eindeutig ein Ikebana-Monster. Der Godzilla der Blumensteckkunst. Wenn Shiro Kuramatas anbetungswürdiger Acrylsessel mit den eingegossenen Papierrosen neoromantizistisch ist, dann gehört dieses Sofa zum " Post -Neoromantizismus". Ein Denkmal für die große Liebe, wie sie in Rosamunde Pilchers Cornwall dauernd als Fata Morgana erscheint, ist das freilich nicht. Jedenfalls ist der Geruch der Mottenkugeln (mit denen die Zierpölster garniert sind) ziemlich desillusionierend. Selten ist "Idylle" so ernüchternd. Drum seh ich keinen Grund, Vasconcelos aus meinem Gedächtnis wieder zu entfernen, also quasi am blauen Rückholbändchen zu ziehen, das an ihrem Namen hinten dranhängt.

Galerie Mauroner
(Weihburggasse 26)

Joana Vasconcelos

Bis 26. Mai
Di. bis Fr. 11 bis 19 Uhr
Sa. 11 bis 16 Uhr

Einschüchternd.

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Hoppla, sie leben!

(cai) Voodoopuppen? Ja, diese magischen Fernbedienungen, mit denen man jemandem arge Koliken bereiten kann. Nicht dass die kreatürlichen Klumpen, die Michel Nedjar aus Lumpen fabriziert, unbedingt Voodoopuppen sein müssen, obwohl er gebrauchte Stoffrestln verwendet, die also eine Vergangenheit haben und beim Drücken und Piesacken ja eventuell irgendeine Energie freisetzen (oder die Erinnerung an ihren früheren Besitzer, die in ihnen gespeichert ist). Die neuen Pupperln würde man allerdings sowieso nicht mit Nadeln stechen, sondern lieber kitzeln oder ihnen Witze erzählen, um die fernbediente Person zum Lachen zu bringen, zumal die Fetzenwesen inzwischen viel heiterer, beinah kokett sind. Nedjar beerdigt sie auch nicht mehr, um sie später als halb verweste, groteske Kadaver wieder zu exhumieren. Eine intensive Ausstrahlung haben sie trotzdem. Aber man kriegt keine Alpträume mehr davon.

Galerie Chobot
(Domgasse 6)

Michel Nedjar

Bis 25. Mai
Di. bis Fr. 13 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 16 Uhr

Eindringlich.

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Farben sind Wunder

(cai) Das muss ein Psi-Phänomen sein. Wie sollten diese geisterhaften Farb-Erscheinungen auf der Wand denn sonst möglich sein, die bunten Schatten, die von den strengen weißen Platten abgesondert werden, die luftig davor hängen? Na ja, durch simple Reflexion (weil die weißen Tafeln auf der Rückseite gefärbt sind). Die Gesetze der Optik haben halt auch ein paar kleingedruckte Paragrafen. Und Josef Adam Moser schafft es, einem nüchternen Konzept einen Hauch von Wunder beizumischen. Bim Koehler erntet ebenfalls bloß die Farben, die er gesät hat. Und jede ist so mühsam erarbeitet (mit bis zu 50 Schichten) wie ein Pyrrhussieg. Doch viel befriedigender anzusehen.

Galerie Hrobsky
(Grünangergasse 6)

Der Lauf der Farbe

Bis 26. Mai
Di. bis Fr. 13 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr

Augenfüllend.

Mittwoch, 02. Mai 2007


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