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Verstörend schöne
Fotowelten |
Als erste österreichische Institution
zeigt die Landesgalerie Linz das sehr umfangreiche Werk des
amerikanischen Fotografen Gregory Crewdson in sechs
geschlossenen Werkblöcken bis 19. November.
So
etwas wie ein "Sittenbild" Amerikas, mit vielen Brüchen und
Kanten, vermitteln uns Gregory Crewdsons Fotografien aus der
Zeit zwischen 1985 und 2005. Diese Arbeiten haben eine
außerordentliche ästhetische Anziehungskraft, eine
beeindruckende Präsenz. Sie erzählen aber auch Geschichten,
die verstören und deren tieferen Sinn es zu erkunden
gilt.
Crewdson verfremdet die vom Menschen geschaffene
Welt und manipuliert sie weiter zum reinen Kunstprodukt. Die
Fotografie dient dem Künstler dabei als Vermittlungstechnik.
So verdichtet der Künstler mit bedrängendem Ausdruck
und gleichzeitig distanzierter ästhetischer Eindringlichkeit
in den "Early Works" alltägliches, banales Leben zu
dramatischen Darstellungen. Und in seiner bislang einzigen
schwarz-weißen Serie "Hover" ist die geschilderte Vorstadtwelt
von erschreckender Distanz und
Irrationalität.
Ästhetik
durchbrochen
Wie wenig der Künstler dem Zufall
sowohl in Komposition, Aussage und Arrangement überlässt, wird
wohl in den Serien "Natural Wonder" und "Twilight" am
deutlichsten. Seine magisch-mystischen "Naturbilder" sind im
ersten Augenblick von betörender Brillanz: Feinste Nuancen
stimmen, glänzen bisweilen in einer Art von Werbeästhetik.
Doch diese überzogene Schönheit wird durchbrochen durch die
direkte Anspielung auf Fäulnis, auf Endlichkeit.
Dieses
Abgründige zeichnet auch die Serie "Twilight" aus: in ein
gekünsteltes, unnatürliches und gezielt gerichtetes Licht
getaucht, erinnern sie zwangsweise an filmische Standbilder.
Bis ins letzte Detail durchkomponiert, dominiert das surreale,
bedrückende Moment die scheinbare Idylle.
Im jüngsten
Werkblock "Beneath the Roses" (2003-2005) zieht Gregory
Crewdson dann alle Register. Mit einer Crew und Ausrüstung,
die normalerweise nur Filmproduktionen benötigen, komponiert
er Bilder, deren Aufwand ablesbar
wird.
Unglaublich spannend
Auf
der Suche nach dem Sinn begegnen letztendlich nicht nur
Crewdsons Figuren sich selbst, sondern auch der jeweilige
Betrachter der Bilder kann seine Spiegelung erkennen. Mit
theatralischer Lichtregie, der Einbeziehung des Märchenhaften
sowie dem Bekenntnis zu breit angelegter Erzählkunst
entwickelt er auch die große Traditionslinie der inszenierten
Fotografie weiter, die sich spätestens seit Cindy Sherman und
Jeff Wall als eine der wichtigsten Ausdrucksformen aktueller
Fotokunst erweist. So realisiert Crewdson unglaublich
spannende Bilder, die situativ wie ein Film wirken.
Die
Ausstellung in der Landesgalerie Linz ist übrigens eine
Kooperation mit dem Kunstverein Hannover und wird durch eine
Publikation im Verlag Hatje Cantz begleitet.
vom 25.10.2006 |
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