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06.09.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung
Belvedere: Ein Schuh-Text, der nicht in den Katalog durfte
Kritik an Peter Weiser - Konflikt rund um die Ausstellung "Physiognomie der Zweiten Republik".

Heute, Dienstag, eröffnet im Erdgeschoss des Oberen Belvedere die Ausstellung "Physiognomie der Zweiten Republik". Dieses Projekt von Paul Kruntorad war eigentlich als Beitrag der Österreichischen Galerie zum Jubiläumsjahr 2005 geplant gewesen. Doch dann wurde das Proponenten-Trio Hannes Androsch, Peter Weiser, Herbert Krejci aktiv und stellte die Großschau "Das neue Österreich" auf die Beine, die bis 1. November das Obergeschoß des Belvedere besetzt. Darauf wurde der Start der "Physiognomie"-Schau verschoben.

Jetzt, kurz vor Eröffnung Nummer zwei, gerieten sich die beiden Ausstellungen erneut in die Quere. Im Textband zur "Physiognomie" hätte ein Beitrag von Franz Schuh erscheinen sollen, in dem Peter Weiser, ein Proponent der Jubiläums-Schau, schlecht wegkommt - wie man in einem Vorabdruck am 20. August im "Spectrum" der "Presse" lesen konnte. Sätze wie "Niemand wird Herrn Weiser, dem Bekannten bekannter Damen und Herren, die fachmännischen Kenntnisse auch der negativen Folgen des Speichelleckens absprechen" waren Gerbert Frodl, Direktor der Österreichischen Galerei Belvedere, dann doch zu viel. Einen Tag vor Druckbeginn kippte er Schuhs Beitrag aus dem Sammelband. Er begründet die Entscheidung gegenüber der "Presse" so: Erstens war er von dem Vorabdruck nicht begeistert, zweitens "wird darin über Weiser, mit dem ich durch die Ausstellung ,Das neue Österreich' im Belvedere in letzter Zeit viel zu tun hatte, hergezogen. Das hat mich letztlich dazu bewogen, den Text aus dem Band herauszunehmen."

Der Entscheidung Frodls als Herausgeber mussten sich sowohl Benedikt Föger vom Czernin Verlag wie auch Mitherausgeber Paul Kruntorad beugen. Zwar habe er diese Vorgehensweise sehr bedauert, sagt Kruntorad, er sei aber "durch meine eigenen Überlegungen gezwungen gewesen, Frodls Entscheidung zu akzeptieren". Schließlich sei Frodl "unglaublich standhaft gewesen, meine Ausstellung durchzubringen und zu finanzieren - was sicher nicht einfach war".

"Es ist erstaunlich und auffällig, dass einen gerade die Jubiläumsfeierlichkeiten auf die Probleme stoßen, wegen denen man eben nicht feiern sollte", meint dazu Franz Schuh: "Ich habe schon ein bisserl Mitleid mit den Leuten, die so geschickt sein müssen, um ihre Konflikte auszutragen." sp

Gastkommentar von Franz Schuh Seite 30
Der Textband zur Ausstellung "Physiognomie der Zweiten Republik - von Julius Raab bis Bruno Kreisky" (7. 9. - 29. 1. im Oberen Belvedere) erscheint im Czernin-Verlag. Beiträge u. a. von Elfriede Jelinek, Trautl Brandstaller, Stefan Schulmeister, Otto M. Zykan.

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