Mit den Musen kam der 1923 in Wien geborene Carl
Djerassi, berühmt einer entscheidenden Erfindung als Chemiker wegen, früh
in Berührung. Seine Geburtsstadt erlebte er als Kind wie ein einziges
Museum, als solches empfindet er es bei seinen Besuchen noch heute. Er ist
einer von jenen, die durch das Jahr 1938 zur Emigration gezwungen wurden.
Seine neue Heimat wurden die USA, und dort gelang ihm ein
bahnbrechendes, die Gesellschaft revolutionierendes Ergebnis seiner
Forschungen. Das war 1951 die der Empfängnisverhütung dienende "Pille".
Die ließ Carl Djerassi nicht nur berühmt und mit Ehren überhäuft werden.
Sie ermöglichte es ihm auch, seiner Leidenschaft für Kunst mehr und mehr
die Tore zu öffnen.
Den Beginn machte seine Hinwendung zu präkolumbischer
Kunst oder jener Europas vom 18. Jahrhundert aufwärts. Mit einem
Künstler aber machte er sich bereits während seiner Studienzeit vertraut:
Das war Paul Klee. Von ihm ließ er sich - wie er sagt - den "Eindruck von
Leben, Weisheit und Spielerei" vermitteln.
Das Ergebnis seiner Konzentration auf diesen mittlerweile
von allen verstandenen Poeten unter den Künstlern des
20. Jahrhunderts ist jetzt in Krems zu sehen.
"Sonderclasse"
Djerassi hält Klee für den "interessantesten" Künstler
seines Säkulums. 1963 erwarb er in der Londoner Marlborough-Galerie die
ersten beiden Arbeiten, eine von ihnen markiert mit den Buchstaben S CL.
Klee pflegte mit dieser Chiffre seine Lieblingswerke zu kennzeichnen - sie
bedeutet "Sonderclasse".
Natürlich fallen unter sie nur Teile der rund hundert,
überwiegend graphischen Werke, die Carl Djerassi mittlerweile über
verschiedene Kanäle zu erwerben verstanden hatte. Und zwar mit jener
Ausschließlichkeit und Hartnäckigkeit, die ihn dazu veranlaßte, Paul Klee
die Treue zu halten, als er sich auf "lebende", also zeitgenössische Kunst
zu konzentrieren begann, alles andere veräußerte.
Seit 1984 verfügt das San Francisco Museum of Modern Art
- Mitveranstalter dieser Schau - über die Sammlung als Dauerleihgabe, nach
Djerassis Ableben als Schenkung. Sie vermittelt vor allem einen Einblick
in Paul Klees Denkwerkstatt und Entwicklung, angefangen von früher, die
Groteske pflegender Druckgraphik bis zu einem die Zähne bleckenden Biest,
das aus dem Todesjahr 1940 stammt.
Fünf Jahre nach Djerassis erstem Zugriff war im Wiener
Museum des 20. Jahrhunderts die erste umfassende Klee-Ausstellung zu
sehen (1968). Sie umfaßte vor allem Werke aus der 1960 von der
Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen angekauften amerikanischen Sammlung
Thompson und dem vom Sohn Felix Klee verwalteten Nachlaß. Ein großer und
gewichtiger Teil des umfassenden Gesamtwerks war damals bereits
"gebunden".
Umso erstaunlicher die Tatsache, daß es dem Sammler
gelang, immer noch wichtige Funde zu machen. Was er zusammenzutragen
verstand, wird ergänzt durch zwanzig Gemälde - Leihgaben aus europäischen
und amerikanischen Privatsammlungen oder Museen. Dieser Umstand bereichert
die Schau entscheidend, läßt vor allem erkennen, worin Paul Klees Suche
nach einer "Synthese von äußerem Sehen und innerem Schauen" gipfeln
konnte.
16. Juni bis 29. September, tägl. 10 bis 18
Uhr, jeden Samstag im August bis 21 Uhr.
© Die Presse |
Wien