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Wien
‹Robert Smithson, Filme Texte Zeichnungen› in der Kunsthalle im Museumsquartier in Wien
von Doris Berger

‹Sobald wir eine Ordnung in unserem Bewusstsein fixiert haben, verliert sie sich auch schon im Nirgendwo.› So Robert Smithson, für welchen Ordnungen nur Sinn zu machen scheinen, wenn sie gebrochen werden können. Sein Kunstverständnis wird geprägt durch ein dialektisches Denken, das sich jedoch nicht auf eine Schwarzweissmalerei begrenzt. Denn ‹dichter Dschungel, ziellose Wege, geheime Gänge, untergegangene Städte breiten sich in unserer Wahrnehmung aus› (Smithson)

Das Denken folgt also nicht geraden Linien, sondern verzweigt sich ohne Ende in ungeahnten Bahnen. Robert Smithsons Arbeitsweise folgt unterschiedlichen Praxen. Zunächst begann er Mitte der sechziger Jahre Texte in Kunstzeitschriften zu veröffentlichen. Seine Schreibweise verabschiedete sich von einer abgeschlossenen Textstruktur, indem er Abbildungen, wissenschaftliche wie literarische Textzitate gleichwertig behandelte. Somit können Querverweise zwischen unterschiedlichen Feldern gezogen werden, ein Vorreiter des Hypertextes also, auch wenn noch nicht auf elektronischem Wege.

Rhizomatische Strukturen liegen auch seinen anderen künstlerischen Projekten zu Grunde, in denen der Prozess der Veränderung durch Beeinflussung anderer Faktoren immer schon eingeschrieben ist.

Einige der Arbeiten von Smithson werden zwar zur so genannten Landart gezählt, da er sich in Projekten wie ‹Spiral Jetty›, ‹Broken Circle/Spiral Hill› oder ‹Amarillo Ramp› mit der Wahrnehmung von Landschaft über bestimmte Reproduktionsmedien wie Foto-grafie und Landkarten auseinander setzte. Dennoch zieht seine Beschäftigung weitergehende Kreise, die bis in die zeitgenössische Kunst reichen. Die sitespezifische Auseinandersetzung mit Orten unter Berücksichtigung ihrer geologischen, sozialen, ökonomischen und urbanistischen Besonderheiten wie in ‹Hotel Palenque›, 1972, oder ‹Towards the Development of an Air Terminal Site›, 1967, wurden wegweisend für viele zeitgenössische Projekte mit Ortsbezug. Die Orte wurden nicht mehr als neutral gesehen, sondern flossen zunehmend in die künstlerischen Arbeiten mit ein.

Die Ausstellung in der Kunsthalle gibt einen guten Eindruck über die Vielschichtigkeit von Smithsons künstlerischer Praxis. Der rhizomatischen Struktur, die sich laut Deleuze/Guattari unter anderem dadurch auszeichnet, dass sie weder Subjekt noch Objekt hat und ausschliesslich durch Determinierungen, Grössen und Dimensionen definiert wird, die nicht wachsen, ohne dass sie sich dabei gleichzeitig verändern, wird jedoch nur teilweise Rechnung getragen. In einem grauen Farbband an den Wänden kommen die unterschiedlichsten Medien von Text bis Zeichnung über Fotografie und Video in Themenbereichen zusammen. In einer Art Rückschau werden Smithsons Gedankengänge zwar nachvollziehbar, die in den Arbeiten inhärente Prozesshaftigkeit bleibt jedoch durch die geschlossene Präsentationsweise nur zu erahnen. Denn auch Robert Smithson, der leider schon 1973 gestorben ist, fand Bruchstücke interessanter als Strukturen. In diesem Sinne müsste die Struktur der von Eva Schmidt und Kai Vöckler kuratierten Ausstellung mehr gebrochen werden, was aber vielleicht im Nachhinein beim Lesen der längst überfälligen deutschen Übersetzung der Smithson Schriften noch passieren kann.

Bis 25.2.2001

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Ausgabe: 01 / 2001
Ausstellung: ( - )
Institution: ()
Autor/in: Doris Berger
Künstler/in: Robert Smithson