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Illustration

Bdeegilnnorsu

(cai) Bdeegilnnorsu? Ja: Ordnungsliebe. Die ist schuld. Tja, wie auch immer: Alphabetisch der des geordnet ist ja Pythagoras Satz schon. Äh, das sollte jetzt heißen: Der Satz des Pythagoras ist ja schon alphabetisch geordnet: a² + b² = c² . Der war natürlich keine Herausforderung mehr für den aufräumwilligen Leo Zogmayer. Hat er halt den siebenten Satz vom Wittgenstein genommen (aus dem Tractatus) und die Wörter zwangsneurotisch umgestellt: "Darüber kann man muss nicht schweigen sprechen wovon." (Im schlamperten Original: "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen".)

Beethovens vierter Satz, aus der neunten Symphonie, war ihm freilich wurscht (der ungefähr so geht: "Aus Elysium Freude Götterfunken schöner Tochter"). Na ja, irgendwann ist sowieso der Witz weg. Und die Botschaft ? Vielleicht: "Das halbe ist Leben Ordnung." Dann die Hinterglasmalerei "0’ 00’’". Der absolute Nullpunkt der Zeit. Das totale Jetzt. Oder eine Stoppuhr, die darauf wartet, dass es losgeht. Da passt das Opus "Anfang" ja dazu wie die Tomate aufs Aug’: eine puristische Mandelform. Eindeutig eine "Aaginv" (dieses Frauendingsbums, das sich auf "Angina" reimt). Pornografie für Intellektuelle?

Und immer wieder das Wort "China". (Reimt sich auch auf besagtes Dingsbums.) Steht auf einem Zylinder drauf, der seine kinetische Energie grad noch zurückhalten kann, nämlich kurz davor ist, vom Sockel zu rollen und dem (europäischen) Betrachter auf die Füß’ zu fallen. Ausdrucksstarke Metaphorik! So, damit hätte ich dem Naturgesetz "Je schlichter die Kunst, desto barocker mein Blabla" vollauf Genüge getan und kann endlich meine DVDs sortieren. Nach dem Geburtstag der Lieblingstante des jeweiligen Regisseurs!

Hilger Contemporary
(Dorotheergasse 5)
Leo Zogmayer
Bis 12. Jänner
Di. bis Fr. 10 bis 18 Uhr
Sa. 10 bis 16 Uhr
Intellektuell.

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Charakterköpfe

(cai) Die Latte ist sein bevorzugtes Ausdrucksmittel. Die handhabt der Georg Herold dermaßen potent, dass er ihr sogar einmal den Dürerhasen entlockt hat. (Wie bitte? Am End wie diese Luftballon-Dompteure, die die schlauchartigen Dinger würgen und biegen, bis ein Pudel rauskommt? Nein.) "Latte" meint hier selbstverständlich nix Anstößiges, sondern was Hölzernes. Und die imposante "Goethe-Latte" (Aufschrift "Goethe", daneben eine mickrige Latte: "irgendein Scheißer") misst das Talent , nicht die Anatomie. Das Werk vom Herold (der Stör-Eier zählt wie andere Erbsen) ist brachial, blöd, lustig, geistreich . . . einfach eine Offenbarung. Die Galerie Senn hat er nun mit Charakterköpfen gefüllt. Als hätt’ er sie einem mit der Axt massakrierten Dachboden abgerungen. Bei genauerer Betrachtung schreien sie aber nach liebenswerten Titeln wie: "Der Belämmerte", "der Introvertierte" (weil er keinen Mund, keine Ohren und keine Nase hat) oder "Rambo" (mit Dackelblick).

Gabriele Senn Galerie
(Schleifmühlgasse 1)
Georg Herold
Bis 21. Dezember
Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr
Sehr speziell.

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Malender Hitchcock

(cai) Wenn Metaphysik der Versuch ist, bei Neumond in der Sahara ein Gänseblümchen zu gießen, das gar nicht dort ist, dann sind das keine metaphysischen Bilder. Denn nach Wüste schaut das Ganze nicht aus. Eher nach Dschungel. Und hinter dem nächsten, im Finstern zu erahnenden Blatt lauert – eine Gießkanne? Geheimnisvolle Räume, Interieurs, wo der Blick fast völlig im Dunkeln tappt. Den bravourös gemalten Vorhang könnte plötzlich jemand aufreißen und "buh!" rufen. Drago Persic versteht es, die Neugier ins schier Unerträgliche zu steigern. Seine hellen, weißen Bilder sind aber nicht weniger mysteriös. Offenbar ein Krimi. Mit Leiche. Der Täter? Sicher der Gärtner. (Der aus der Sahara.)

Engholm Engelhorn Galerie
(Schleifmühlgasse 3)
Drago Persic
Bis 22. Dezember
Di. bis Fr. 11 bis 19 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr
Bravo!

Mittwoch, 12. Dezember 2007


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