Urbanität und Fortschritt: Der Salzburger Kunstverein zeigt Werke der Slowenin Marjetica Potrc

Im Großen Saal des Künstlerhauses steht ein Haus. Gebaut hat es die aus Slowenien stammenden Künstlerin Marjetica Potrc. Sie ist interessiert an Architektur, aber ihr ebenerdiges Haus aus Betonziegeln ist ohne architektonischen Ehrgeiz gebaut. Vielmehr ahmt sie eines jener Gebäude nach, die häufig in Mittelmeerländern anzutreffen sind: unverputzt, halbfertig, oben ragt die Armierung heraus, was bedeutet: eines Tages soll ein Obergeschoss draufgesetzt werden.

Das Haus im Saal zeichnet sich durch eine hübsche rosa Färbelung aus, und als Luxuselement hat es ein Vordach aufzuweisen. Die Stützen dafür aus Abflussrohren sind so gestrichen, dass sie aussehen wie Holzsteher.

Marjetica Potrc macht darauf aufmerksam, dass der Eigenheimbau überall dort, wo die Mittel äußerst knapp sind, etwa in den Armenvierteln der großen Städte, eigene Wege geht. Die Bauten in den Mittelmeerländern bleiben halbfertig, weil die Bewohner damit einer Steuer entgehen, die sie für das fertige Haus zahlen müssten. Fehlende finanzielle Mittel müssen durch Kreativität auf verschiedenen Ebenen kompensiert werden. Marjetica Potrc reagiert sensibel auf zivilisatorische Kuriosa. Ein Handymast in der Landschaft stört; wenn er als Tanne verkleidet ist, passt er sich besser in die Gegend ein und erscheint viel naturnäher und harmloser.

Eine Fotoserie zeigt, wie sich Tiere, die aus der Wildnis in Städte kommen, wie der Waschbär, der Coyote und andere Pelztiere, mit den Verhältnissen dort arrangieren. Witz und Ironie sind der Künstlerin nicht fremd. In einer Collageserie führt sie Erfindungen aus jüngster Zeit vor und bringt sie mit Motiven aus dem "Struwwelpeter" und "Max und Moritz" in Verbindung. Ein Beispiel: Der Mohr zieht einen rollenden Wasserbehälter hinter sich her - die Frauen in Afrika brauchen die Kanister nicht mehr auf dem Kopf zu tragen.

WERNER THUSWALDNER