Chinesische Kunst zwischen gestern und heute


Wang  Guangyi: Kool = Marlboro
Wang Guangyi: Kool = Marlboro
Arbeiten chinesischer Künstler sind auf den internationalen Ausstellungen zeitgenössischer Kunst von der documenta bis zur Biennale nicht mehr wegzudenken. Die teils in China und teils im Westen lebenden Künstler machen sich derart innovative Gedanken über den Zusammenprall der Kulturen, über Globalisierung und Tradition, dass Amerikaner und Europäer nicht mehr drum herumkommen, sich komplizierte Namen wie Cai Guo-Qiang, Wenda Gu oder Wang Guangyi zu merken.

Wende nach Maos Tod

Die Öffnung des kommunistischen Chinas zum Westen, die nach dem Tode Mao Tse Tungs 1976 langsam einsetzte, brachte die bisher massiv unterdrückte chinesische Kulturszene zum Blühen. Während in der Zeit der Kulturrevolution unter Mao nur ideologisch Unbedenkliches zugelassen war, bildeten sich zu Beginn der 80er Jahre mehrere Künstlergruppen, die sich am internationalen Geschehen orientierten.

Das Massaker von 1989

Die sogenannte Gruppe 85 war in Peking wohl die wichtigste künstlerische Widerstandsbewegung. Sie trat mit Aktionen, Ausstellungen und Lesungen in der Öffentlichkeit für Reformen ein. Doch parallel zu den progressiven Bemühungen wuchs auf der anderen Seite der Widerstand der alten konservativen Kräfte. Die erste landesweite Avantgarde-Ausstellung in Peking wurde im Februar 1989 gleich zweimal geschlossen.

Mit dem Massaker auf dem Platz des himmlischen Friedens bereiteten die Militärs im Juni 89 schließlich der gesamten Demokratiebewegung ein jähes Ende. Von diesem Schock erholte sich die Kunstszene nur langsam; viele Künstler emigrierten in den folgenden Jahren ins Ausland.

Zwar finden heute durchaus Ausstellungen zeitgenössischer chinesischer Künstler in Peking statt, doch die unbequeme Kunst, die Kritiker im Ausland feiern, wird in China offiziell meist übergangen. Zuletzt etwa bei den Filmfestspielen von Venedig: Der politisch genehme Sieg von Zhang Yimou wurde ausgiebig gefeiert, während der Preis für den regimekritischen Zhang Yuan von den chinesischen Medien tagelang verschwiegen wurde.

Von Ost nach West

Wang  Guangyi: Great Castigation Series: Coca-Cola (Zum Vergrößern anklicken)
Wang Guangyi: Great Castigation Series: Coca-Cola (Zum Vergrößern anklicken)
Gegenstand zahlreicher Arbeiten chinesischer Künstler sind vor allem das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Kulturen und die Gegensätze und Gemeinsamkeiten zwischen Ost und West. Der Pekinger Wang Guangyi zum Beispiel kombiniert kapitalistische und sozialistische Bildgegenstände, Coca-Cola-Reklame mit Bildern von strammen Arbeitern und roten Fahnen.

Auf alte chinesische Traditionen bezieht sich der in New York lebende Cai Guo-Qiang, wenn er in seinen Arbeiten Schießpulver explodieren lässt oder den Drachen als Motiv verwendet. Trotzdem wirken seine Installationen nie folkloristisch oder nostalgisch. Vielmehr verbinden sie das Alte häufig mit modernen Technologien oder Entwicklungen.

Wang Jin: To Marry a Mule (Zum Vergrößern anklicken)
Wang Jin: To Marry a Mule (Zum Vergrößern anklicken)
Oder Wang Jin aus Peking, der unter anderem Drachenroben, also traditionelles Gewand, fertigt - allerdings aus durchsichtigem Plastik. Der in New York lebende Xu Bing wiederum beschäftigt sich in seinen Arbeiten hauptsächlich mit chinesischen Schriftzeichen - per Computer.

Die Arbeiten all dieser Künstler sind irgendwo mitten zwischen Ost und West, zwischen Tradition und Modernität angesiedelt. Die Künstler sitzen zwischen allen Stühlen und haben sich dort einen neuen, zukunftsweisenden Platz gesichert.

Link: Neue chinesische Kunst

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