DER STANDARD, 30. März 2002


Bunt ist vieles

Artconsult vermittelt zwischen Kunst und Wirtschaft


Michael Hausenblas

In ihren schicken Büroräumen im 3. Wiener Gemeindebezirk hängt kein einziges Bild an der Wand. "Wir wollen uns keinen Bauchladen umhängen und aus diesem heraus Kunst verkaufen", sagt Anja Hasenlechner (29), die eine Hälfte des im Oktober vergangenen Jahres gegründeten Unternehmens, das sich als flott kreisende Drehscheibe zwischen Wirtschaft und Kunst versteht.

Die Kunsthistorikerin ist der Provider eines fundierten Know-hows in Sachen Kunst und der dazugehörigen Szene. Die zweite Hälfte des Unternehmens wird von Herbert Baur (30) besetzt. Er nahm die Bereiche Marketing und Kommunikation unter seine Fittiche. Der Aktionsradius der beiden reicht von der Beratung eines kaufwilligen, aber zaudernden Kunstinteressenten über den langfristigen Aufbau von Kunstsammlungen, der Konzeption von Kunst-am-Bau-Projekten, Ausstellungen, Kunstsponsoring-Aktivitäten bis hin zur Vermittlung von Kunst durch Künstler und Kunstexperten im Rahmen von Seminaren oder Workshops. Dabei greifen Anja Hasenlechner und Herbert Baur auf ein engmaschiges Netzwerk von Galerien und Museen zurück.

Hasenlechner war drei Jahre lang Assistentin von Peter Noever, Direktor des Museums für angewandte Kunst in Wien. Baur absolvierte ein internationales BWL-Studium im schweizerischen St. Gallen. Beide wollen in ihrem Kunstbegriff neutral bleiben. Ihr Job ist es zu wissen, was wo und wann passiert, Kuratoren, Künstler, Architekten, Galeristen zu kennen und Messen zu besuchen. Der Pool ist groß und gut gefüllt, ihr Ansatz ein umfassender. Baur, gebürtiger Gasteiner und ehemaliger Mitarbeiter der Werbeagentur Young & Rubicam und selbstständiger Fundraising-Berater, sieht Artconsult als Ideenbringer und Durchführer bzw. Organisator, der im Gegensatz zur klassischen Kunstgalerie selbst nichts aufbaut. "Ein Kunde", so Baur, "der sagt, er wolle etwas Buntes und sonst gar nichts, ist bei uns an der falschen Adresse." "Das Bunte" müsse kommuniziert werden, und in weiterer Folge international und zeitgenössisch haltbar sein. Artconsult kümmert sich im Falle eines Auftrages unter anderem auch um die Organisation von Transporten, Versicherungen oder Datenbanken und die Aufbereitung von Informationen.

Die Arbeitsweise von Artconsult geht laut Baur in eine sehr "perfektionistische" Richtung: "Keiner von uns sagt, ,des geht schon irgendwie'. Wir haben beide sehr hohe Ansprüche und es klingt schon fast kitschig, aber wir sind uns total einig, verfolgen dieselben Ziele und sind diesen zum Teil manisch hinterher."

Dieses Allumfassende setzt sich in der Betreuung ihrer "Kunstwelten" fort, so ist Baur der nachvollziehbaren Ansicht, dass ein Bankbeamter, der jahrelang ein Bild hinter seinem Kassenschalter hängen hat, wissen sollte, was es mit diesem auf sich hat. Das helfe ihm, dem Kunden und letztlich der Marke der betreffenden Bank, denn die Marke, so ist sich Baur sicher, sei der zentrale Begriff in der ganzen Geschichte. "Die Suche der Kunden nach Authentizität wächst und wächst. Künstler sind Vorausdenker, Kunst ist näher am Leben als Werbung und kann formale und inhaltliche Visionen davon geben, was passieren kann", sagt Baur über die zunehmende Bedeutung von Kunst in der Businesswelt.


© DER STANDARD, 30. /31. März/ 1. April 2002
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