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Kunstberichte
Maria Altmann, Siegerin im Streit um die "Goldene Adele", ist in den USA gestorben

Die Kunst der Gerechtigkeit

Kämpferin für das Erbe (hier neben einer "Goldenen 
Adele"-Kopie): Maria Altmann. Foto: apa/Georg Leyrer

Kämpferin für das Erbe (hier neben einer "Goldenen Adele"-Kopie): Maria Altmann. Foto: apa/Georg Leyrer

Von Christoph Irrgeher

Aufzählung Die Nichte von Adele Bloch-Bauer erstritt Klimt-Bilder – und ließ die Wogen hochgehen.
Aufzählung Auktionserlös für Kunst, Wohlfahrt und die Familie.

Wien/Beverly Hills. Der Rechtsstreit war entschieden – aber der Konflikt alles andere als befriedet. Nachdem die Erbengruppe rund um Maria Altmann im Jänner 2006 fünf Werke Gustav Klimts, darunter die "Goldene Adele", zugesprochen bekommen hatte, erhitzten sich die Gemüter erst richtig. Könnte der Kunstschatz im Land bleiben? Altmann, damals 89-jährig, spaltete die Nation.

Dass sie heimischen Interessenten eine Frist einräumte – der Staat hatte sich nach der Niederlage zurückgezogen –, rechnete ihr das eine Lager hoch an. Das andere Lager erzürnte, dass die Erben den Gesamtwert mit 248 Millionen Euro taxierten und orteten Geldgier. Völlig utopisch war der Schätzpreis nicht: Nachdem heimische Mühen letztlich fruchtlos geblieben waren, ging die "Goldene Adele" für 135 Millionen Dollar an den US-Amerikaner Ronald Lauder. Die übrigen Werke wurden in New York über dem Auktionsschätzpreis versteigert.

"Keine Hassgefühle"

Fünf Jahre später ist Altmann, die Nichte von Klimts einstigem Modell Adele Bloch-Bauer, 94-jährig an ihrem Wohnsitz in den USA verstorben. Wie sie stets betonte, sei es ihr in der Causa nie um Geld, sondern um Gerechtigkeit gegangen. Nach sieben Prozessjahren (siehe rechts) hat es sie "riesig gefreut, dass ich nicht blöd dastehe". Hassgefühle auf die Republik hätte sie "nie empfunden". Und dass die Österreicher "charmant, aber niederträchtig" wären (wie in einem Interview zu lesen), hätte sie nie gesagt, sondern nur die damalige Unterrichtsministerin und den Leiter der Galerie Belvedere gemeint, in der die Bilder vor dem Rechtsstreit prangten.

Adele Bloch-Bauer, auf zwei der fünf Werken zu sehen, ist bereits 1925 gestorben – damals war Maria Altmann noch keine zehn Jahre. Im Dezember 1937 heiratete sie Fritz Altmann, bezog mit ihm eine Wohnung in Wien-Neubau. Im April 1938 wurde Fritz nach Dachau deportiert, konnte durch Herausgabe des Firmeneigentums seines Bruders allerdings aus dem Nazi-Lager geholt werden. Im Oktober 1938 floh das Ehepaar Altmann nach England, 1942 landete es schließlich in Los Angeles. Im November 1945 starb dann Ferdinand Bloch-Bauer, Adeles Witwer, und hinterließ seine Habe Maria und ihren Geschwistern Luise und Robert.

Dieser Robert – er hatte in Kanada den Nachnamen Bentley angenommen – betrieb nach dem Krieg in Wien die Restitution von Ferdinands Vermögen. Das Ergebnis war ein Kompromiss: Gewisse Gegenstände durfte die Familie zwar ausführen, musste jedoch die Klimt-Bilder 1948 im österreichischen Museum zurücklassen.

Nach Erlass des Restitutionsgesetzes im Österreich der späten 90er Jahre stellten Altmann und die Vertreter anderer Erben schließlich Antrag auf die Rückstellung der Klimt-Werke "Adele Bloch-Bauer I", "Adele Bloch-Bauer II", "Apfelbaum", "Buchenwald/Birkenwald", "Häuser in Unterach am Attersee" sowie "Amalie Zuckerkandl". Nur das letztgenannte Werk konnten die Nachfahren nicht erringen.

"Teuerste Zugeständnis"

Nach ihrem Triumph wollte Altmann, so erklärte sie als 90-Jährige an ihrem Wohnsitz bei Beverly Hills, ihre Familie unterstützen und "viel für die Wohltätigkeit und die Kunst tun". Ein Triumph, der ihr in den USA freilich auch Ruhm brachte. Für die "Washington Post" gipfelten Altmanns Mühen im "teuersten Zugeständnis, seit Österreich mit der Rückgabe jener wertvollen Kunstobjekte begonnen hatte, die von den Nazis gestohlen worden waren."

Aufzählung Der Rechtsstreit

Hintergrund des Streits um die Klimt-Bilder, darunter Adele Bloch-Bauer I" ("Goldene Adele"), waren zwei Testamente: In ihrem letzten Willen bat die Porträtierte, ihr Gatte Ferdinand Bloch-Bauer möge die Werke nach seinem Tod der Republik Österreich schenken. Dieser wurde jedoch während der NS-Zeit enteignet und floh in die Schweiz. In seinem Testament setzte er Familienmitglieder als die Alleinerben ein.

Als sich der Rückgabebeirat 1999 gegen eine Restitution der Bilder aussprach, stützte er sich auf Adele Bloch-Bauers Bitte. Nach einem Rechtsstreit in den USA entschied 2006 aber letztlich ein Schiedsgericht in Österreich zugunsten der Bloch-Bauer-Erben, darunter Adeles Nichte, Maria Altmann.

 

Printausgabe vom Mittwoch, 09. Februar 2011
Online seit: Dienstag, 08. Februar 2011 18:58:23

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