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Versorgungsheim für Restauratoren

20.03.2009 | 18:39 | ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

Ein Rundgang durch die Baustelle des Stadtpalais Liechtenstein. 2011 soll es als Museum eröffnet werden.

Nein, die Containerburg vor dem Burgtheater gehört nicht zu Schlingensiefs „Ready Made Oper“, die Freitagabend Premiere hatte. In ihr hausen die Arbeiter der zur Zeit bedeutendsten historischen Baustelle der Stadt, dem Stadtpalais Liechtenstein in der Bankgasse. Bis zu 200 Arbeiter werken hier unter Aufsicht des Architekturbüros Wehdorn, 80 Mio. Euro kostet Hans-Adam II. von Liechtenstein das ehrgeizige Projekt. Denn am 1.Dezember 2011 will Johann Kräftner, Leiter der Fürstlichen Sammlung, hier schon das zweite Liechtenstein Museum in Wien eröffnen, inklusive eines feudalen Sitzes für die fürstliche Bank LGT.

Zurzeit wird wegen Zeitknappheit sogar auf zwei Ebenen gearbeitet: Zwischendecken ermöglichen Restauratoren Arbeiten sowohl an den aufwendigen Stuckdecken als auch an den Wänden und Böden darunter, die zum Teil von Bugholz-Pionier Michael Thonet stammen. Nach „150 Jahren nur Negativänderungen“, so Kräftner, will er jetzt den Zustand des 19.Jh. wiederherstellen, damals wurde das hochbarocke Palais zeitgemäß adaptiert, „Künstlerversorgungsheim“ nannten die Wiener das Monsterprojekt schon spöttisch. Mittlerweile ist es wohl eher eines für Restauratoren.


Pamphlets des wütenden Architekten

1691 im Auftrag der Grafen Kaunitz begonnen, wurde das Palais nur drei Jahre später als Rohbau von den Liechtensteins erworben und von Domenico Martinelli vollendet. Aus dieser Zeit stammt das prächtige Skulpturenprogramm Giovanni Giulianis und der Stuck Santino Bussis, der im 19. Jh. vergoldet und ergänzt wurde. Doch Martinelli wollte den schlichten römischen Stil, zerkrachte sich mit dem Fürsten und ließ sogar Pamphlete gegen ihn in der Stadt affichieren, die er bald darauf verlassen musste.

Ab 2011 werden hier auf 1200 m2 museale „Periode Rooms“ zu sehen sein, mit originalen Möbeln, Teilen der Biedermeier- und der Porzellansammlung des Fürsten. In den ehemaligen Stallungen im Keller werden Besucher die Toiletten finden, im ersten Stock auf mariatheresianischen Holzböden Kammerkonzerten lauschen. Und unter dem Hof, der gerade 17 Meter tief aufgerissen ist, werden in Speichern Schätze lagern, von denen man gern noch mehr sehen würde.


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