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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
06. September 2005
19:41 MESZ
Rémy Zaugg 1943-2005
Zum Tod des Konzeptkünstlers

Basel - Das Museum, hat Rémy Zaugg gewusst, spricht vom Tod. Es lebt von den Toten. Rémy Zaugg hat sich diesem Umstand ganz gewidmet, hat wie wenige andere Künstler. Er hat das Museum als Ort der ewigen Aufbahrung kurz nach dem Moment ihres Entstehens womöglich das wirkliche Leben beeinflussender Kunstwerke studiert, reflektiert - und bespielt.

Rémy Zaugg hat Arbeiten in vielen Museen platziert, die imstande waren, das Selbstverständnis des Ortes, die "gottgegebene" Ordnung der Tempel nicht nur zu hinterfragen, sondern auszuhebeln. Und das, obwohl Rémy Zaugg Maler war, was man seinen Arbeiten wiederum nicht unbedingt ansah. Konzept und Malerei waren für ihn nicht verfeindet. Ebenso, wie er den Unterschied zwischen der Sprache der Massenmedien und jener der Kunst nicht gelten lassen wollte.

Rémy Zaugg hat Sätze ins Museum getragen; lapidare Sätze wie "und wenn der Tod ich wäre" oder "und würde der Boden dich anblicken" oder "und würde, sobald ich atme, das Blau des Himmels verlassen". Er hat diese Sätze auf farbige Gründe gesetzt. Und er hat diese Sätze in Versalien geschrieben, hat diese Sätze ohne die Frage- oder gar Ausrufezeichen in die Bildträger gesetzt, die sie vermeintlich forderten.

Rémy Zaugg hat mit das Material geliefert, aus dem Nachfolgegenerationen ihre Institutionskritiken bastelten. Und er hat ganz beiläufig festgestellt, dass jedes Museum aus mehreren Werken besteht. Ein Graus für alle Strategen, die heute eingesetzt werden, das Museum als Marke mit entsprechendem Wiedererkennungswert publikumswirksam an die Reisegruppen zu verklickern. Der, der trotz allem an das Museum geglaubt hat, starb, wie erst jetzt bekannt wurde, am 23. August im Alter von 62 Jahren. (mm/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7. 9. 2005)


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