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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
11.06.2002
19:11 MEZ
Bubenträume von wilden Frauen
David LaChapelle im KunstHausWien

Von
Doris Krumpl

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David LaChapelle @ Kunsthauswien.com

Bis 22. 9.
 
Foto: KunsthausWien/LaChapelle/Langbehn
David LaChapelle

Wien - Er ist ein US-Amerikaner und wurde vor allem in Großbritannien in Zeitschriften wie Details und The Face und wirklich groß. Vielleicht auch deshalb trägt David LaChapelle einen schwarzen England-Fußball-Sweater, dazu eine dunkle weite Hose und Turnschuhe. Er habe heuer David Beckham fotografiert, "such a nice guy". Seitdem der britische Fußballer auf nahezu allen (Frauen-)Magazinen als Coverstar diente, genießt Beckham mehr Popruhm als einst seine Gemahlin Victoria, die Posh Spice der Spice Girls.

LaChapelle fotografiert den mit nacktem Oberkörper posierenden Star beim konzentrierten bis schmunzelnden Ziehen an seiner Leopardenunterhose, die gefährlich weit über die hellen Hosen ragt. Autsch!

Foto: APA/LaChapelle
Die skurillen Fantasien des Modefotografen:
David LaChapelles "The Lonely Doll 1", New York 1998

Der Mann, ein ständig witzelnder Mittdreißiger, mit dem klingenden Namen LaChapelle gehört derzeit zu den angesagtesten Modefotografen. Eine Kategorie generell, die seit geraumer Zeit von den Magazinseiten direkt in Galerien und Museen wandert, Ende nicht absehbar. Man denke an Steven Meisel und seine Versace-Kampagne, Terry Richardson oder Jürgen Teller. LaChapelle hat etwa die "Got Milk?"-Kampagne für Diesel gemacht und wie Film-Stills wirkende Aufnahmen für MTV, etwa mit Britney Spears. Im Auftrag von Magazinen sind auch alle ausgestellten Arbeiten im KunstHausWien entstanden.

Die schrille, kurzlebige Fashionwelt kreuzt sich in LaChapelles immens unterhaltsamen Bildern mit der Ästhetik von Pop-Art und Surrealismus, gewürzt mit einem Schuss Porno. Schmunzeln soll man beim Betrachten, meint der Fotograf, etwa wenn er den Aufstieg und Fall des Pornostars Savannah in einer Bildgeschichte dokumentiert.

Er ist ganz Kind seiner Zeit, das nicht das Innere der Porträtierten interessiert, sondern sie an ihren äußeren Zeichen festmacht. Wenn Pamela Anderson ein Lebewesen in einem Terrarium einer schwer konservativen Wohnung darstellt, sagt das ebenso viel aus wie ein Mann, der nackt auf plastik-eingeschweißter Umgebung posiert oder Britney Spears in ihrem grauenerregenden, mit Puppen vollgestopften Mädchenzimmer.

Schönheit sowie seine Fantasien wolle er darstellen: "Wenn du Realität willst, dann nimm den Bus!" So toll das ausfallen mag, das von LaChapelle auch aufgegriffene Thema plastische Chirurgie verliert sein kritisches Potenzial, wenn man bewundernd die (sicher etwas zweifelhaften) Ergebnisse mit dem "Originals" vergleicht.

Als Kind beeindruckten ihn die wilden geschiedenen Frauen mit ihren turmhohen Lockenfrisuren, langen Nägeln und Wimpern. Frauen, die in diesem Aufzug auch gerne kreischend die Autos ihrer Exmänner mit dem Hammer zertrümmerten: "Drama und unerhörte Übertreibung." Lehrmeister waren einmal seine Mutter, die ihre Mittelklassefamilie so ablichtete, dass man die Vanderbilts vor sich glaubte, und Andy Warhol, für dessen Interview er - neben Hilfskellnerei im Studio 54 - zu Beginn seiner Karriere jobbte. Dafür sieht Chapelle wirklich jung aus. Mit Warhol teilt er seine Liebe zu Pop und Stars. Nur in einem widerspricht er ihm: "Nicht jeder wird 15 Minuten berühmt sein, jeder wird einen Manager haben." Bleibt mehr Zeit zum Schauen. (DER STANDARD, Printausgabe, 12.6.2002)


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