"Interkreativität"

Plädoyer für neue Gesamtkunstwerke

05. März 2010, 18:23
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    Wenn Musik oder Literatur zu Bildern werden: Visuals von "4youreye" (oben) und des Kollektivs Strukt, zu sehen im Odeon beim Symposion "Quer" .

Departure veranstaltet im Odeon das prominent besetzte Symposion "Quer" : Ausgelotet werden sollen die Dimensionen künstlerischer Zusammenarbeit

Departure fördert nicht nur: Mitunter tritt die Wiener Servicestelle für die Creative Industries auch als Veranstalter auf. 2009 organisierte man einen Kunstschwerpunkt, in dessen Rahmen internationale Kuratoren Ausstellungen in Galerien realisierten. Nun, von 11. bis 13. März, folgt im Odeon Quer, ein prominent besetztes Symposium samt Labor für Interkreativität. Kunstschaffende aus verschiedenen Bereichen und Kreative sollen Möglichkeiten für spartenübergreifende Zusammenarbeit erörtern.

"Interkreativität" ist für Christoph Thun-Hohenstein, den Geschäftsführer von Departure, unverbrauchter Ausdruck: Die Sichtung verwandter Begriffe wie Inter- bzw. Transdisziplinarität, Intermedia bis hin zu Gesamtkunstwerk zeige, dass ein neues Wort auch als Chance begriffen werden könne, maßgebliche Kriterien für die Bewertung spartenübergreifender Ansätze herauszuarbeiten: "Erstaunlicherweise berührt gerade die Frage des Gesamtkunstwerks - der heute ja in der Regel mit Vorsicht oder Skepsis begegnet wird - einen zentralen Punkt für eine zeitgemäße Diskussion von Interkreativität, indem offenbleibt, ob das Gesamtkunstwerk das Ergebnis der spartenübergreifenden Arbeit eines singulären Genies ist oder Resultat des Zusammenwirkens mehrerer Künstler beziehungsweise Kreativer aus verschiedenen Bereichen ist."

Die Devise sei, erklärt Thun-Hohenstein, "open creativity": eine in alle Richtungen offene Kreativität, die aus bunter Vielfalt nicht Einfalt, sondern eine Tugend mache. "Das singuläre Genie, das alles dominiert, ist in der Gegenwart vermutlich weniger gefragt als schöpferische Teamarbeit. Nicht nur auf die eigenen Ideen, auch auf die Ideen der anderen kommt es an. Aus heutiger Sicht verdienen daher Projekte, zu denen sich zwei oder mehrere Kreative zusammenfinden, besondere Beachtung."

Gerade die Leichtigkeit digitaler Produktion ermögliche innovative Ansätze. Thun-Hohenstein spricht von "ungeahnten Möglichkeiten" - und warnt zugleich vor der "Verherrlichung von Interkreativität als Selbstzweck" , denn falsch aufgesetzte Projekte könnten leicht nach hinten losgehen.

Daher sollen beim Symposion Quer u. a. Grundregeln für das Gelingen interkreativer Projekte herausgearbeitet werden. Zudem will Thun-Hohenstein die Kreativen zur Zusammenarbeit motivieren. Denn es gäbe zwar zahlreiche Querverbindungen zwischen bildender Kunst, Design und Architektur, aber nach wie vor werde in vielen Sparten "zu wenig über den eigenen Tellerrand geschaut".

Im Odeon werden insgesamt vier Themen abgehandelt. Es gibt Paneldiskussionen, Vorträge und moderierte Gespräche, Performances (z. B. von numen / for use) und ein Labor zur Visualisierung von Literatur: Das Kollektiv Neon Golden wagt sich an Thomas Bernhards Frost, Starsky an Elfriede Jelineks Die Kinder der Toten. Das zweigeteilte Samstagsprogramm wurde zusammen mit sound:frame - festival for audio:visual expressions konzipiert. Am Vormittag geht es um die Visualisierung von Musik als innovative Kunstform. Hintergrund ist das lied lab 2010: hugo wolf festival, das Departure in Kooperation mit dem ORF Radiokulturhaus veranstaltet. (Thomas Trenkler, SPEZIAL - DER STANDARD/Printausgabe, 06./07.03.2010)

Von 11. bis 13. März, Odeon, 2., Taborstraße 10. Eintritt frei
http://quer.departure.at

11. März, 13.30-21.00: Gestalten ohne Grenzen u. a. mit Matali Crasset, Diedrich Diederichsen, Hans Hollein, Saskia Hölbling, Erwin K. Bauer, Dorit Margreiter, Helga Schania.

12. März, 13.30-19.00: Bühne frei für Interkreativität u. a. mit Roland Geyer, Heimo Zobernig, Thomas Beck, Sven Jonke, Markus Schinwald, Franz West, Andrea Schurian.

13. März: 11.00-13.30 Visualisierung von Musik als innovative Kunstform mit Victoria Coeln, Eva Fischer, Alexander Horwath‚ Claudia Rohrmoser, 14.30-19.00 literatur lab - Vom Hörbuch zum Sehbuch u. a. mit Neon Golden, Thomas Stangl, bljak!, Starsky, Katrin Röggla, Marlene Streeruwitz.

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