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Galerien: Mit der Sprungfeder durch eingefahrene Blicke

21.01.2009 | 19:06 | MANISHA JOTHADY (Die Presse)

Rudolf Polanszky in der Galerie Konzett: Komisch, einzelgängerisch und gar nicht dogmatisch.

Kunst sei für ihn ein Erkenntnisfeld, sagte Rudolf Polanszky einmal. Permanent ginge es ihm darum, Denkstrukturen umzuorganisieren. 1951 in Wien geboren, stand er in den 70er-Jahren dem Kreis um Hermann Nitsch nahe. In den frühen 80ern schuf Polanszky mittlerweile legendäre „Sprungfedernbilder“: In einer entsprechend gefertigten Sitzvorrichtung hüpfte der Künstler mit dem Farbpinsel die mit Papier bespannten Atelierwände entlang und visualisierte so den Balanceakt zwischen der Dynamik des Sprungfeder-Schemels und seiner eigenen körperlichen Geschicklichkeit. Vom Aktionismus Nitschs sind diese auf Video festgehaltenen Aktionen weit entfernt: zu komisch, zu einzelgängerisch, so gar nicht dogmatisch – und vom Anspruch des Gesamtkunstwerks überhaupt keine Spur.

„Transaggregate Strukturen“ nennt Polanszky seine bei Konzett gezeigte Ausstellung mit älteren und aktuellen Arbeiten. Großartig etwa das Arrangement rund um die „Koma-, Nacht- und Schlafbilder“ (1983), das neben Fotosequenzen auch den Malanzug mit den für die Aktion daran fixierten Malutensilien zeigt (20.000 €). Die großformatigen Tafelbilder der vor wenigen Jahren begonnenen Reihe „Reconstructions“ (9800–11.800 €) beeindrucken durch die Schichtung von Farbe, Stoff, Kunststoff, Aluminium, Holz, Harze und Acrylglas. Anstelle einer expressiven und willkürlichen Materialansammlung sehen wir uns hier aber mit ausgesprochen kontrollierten und präzisen Kompositionen konfrontiert.

Auch der Titel der Serie mag verwirren. Was soll denn rekonstruiert werden? Etwa Bezüge zur abstrakten Malerei, zur Pop-Art, zur Skulptur, zum Aktionismus, wie das die Arbeiten mitunter nahelegen? Oder zielt Polanszky auf unsere Sehgewohnheiten ab, auf eine Unschuld des Blicks, die es erst wieder herzustellen gilt? „Im Spiel von Wahrnehmung und Erfahrung scheint man angehalten, das angebotene Außenbild auf rationale Weise zu entschlüsseln, und bedient sich am Erinnerungsmaterial, an den zur Verfügung stehenden Ähnlichkeitsmustern, die so weit modelliert werden, bis sich ein scheinbar kongruentes, d. h. deckungsähnliches Referenzmodell bildet“, schrieb Polanszky anlässlich einer früheren Ausstellung.

Wir sehen also nur das in den Dingen, was wir bereits kennen. Dieses Verständnis versteht der Künstler auch in seinen Skulpturen aus den Fugen zu heben: Die Betrachtung seiner „Schicht- und Faltobjekte“ lässt keinerlei Bezugspunkte erkennen, jede Spurensuche verläuft ins Leere. Polanszkys Werke scheinen manchmal unzugänglich, sperrig, im Versuch, sie zu erklären, komplizierter, als sie tatsächlich sind. Am besten man nähert sich ihnen mit freiem Kopf.

(Bis 28.2., Spiegelgasse 21, Wien 1)


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