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Kunstberichte

Die Universität für angewandte Kunst Wien zeigt ausgewählte Arbeiten in der Jahresschau 2008 im MAK

Hängendes Arkadien im Kunst-Asyl

"Zen oder die Kunst des Kaffeetrinkens in Wien" von Studenten des Instituts für Kunstwissenschaften, Kunstpädagogik und Kunstvermittlung der Angewandten bis 13. Juli im MAK. Foto: Margarete Neundlinger

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Aufzählung Die Jahresschau als offenes Labor: Die Angewandte zeigt zum vierten Mal im Museum für angewandte Kunst (MAK) "The Essence". Wieder konzipierte Edek Bartz als Kurator gemeinsam mit den lehrenden Professoren die Ausstellung.

Die strenge, kojenartige Aufreihung der Arbeiten und Projekte der einzelnen Institute ist Vergangenheit: Heuer wird die Jahresschau als fließender Gedankenaustausch inszeniert. Dabei dominieren nicht mehr die Maler und Bildhauer. Auch die Restauratoren zeigen quer durch die Ausstellung auf leuchtenden Stelen–die genauso inmitten der Objekte etwa aus Keramik zu finden sind– ihre Einzelprojekte im öffentlichen Raum.

Grenzüberschreitungen

Die Offenheit ist auch innerhalb der Klassen größer geworden, Fächergrenzen werden permanent überschritten. Eine künstlerische Integrationsbehörde, Begrünungsguerillas und eine neue Armee für Gefahrenzonen präsentieren ihre Kunstwerke im öffentlichen Raum: auf Grünflächen oder auf der Straße. Wer will, kann sich vor Ort als Rekrut einschreiben.

Den Auftakt bildet ein babylonischer Turm der Abteilung für Landschaftsdesign: Ein Zwölferteam um Siggi Hofer hat in dreißig Tagen eine zehn Meter lange Zeichenrolle mit teils kleinen Ziegeln erstellt und diskutiert anschließend über die Sinnlosigkeit dieser Tat.

Die Antike wird mit ihrem Weltwunder "Hängegarten der Semiramis" durchaus plausibel auf die Parks des dritten Bezirks übertragen.

Neben der Fotografie, den Videofilmen oder der Architektur wird auch viel gezeichnet – Modelle sind im Bühnenbild, in der Bildhauerei und bei den zahlreichen Designabteilungen sowie in der medialen und digitalen Kunst von Bedeutung.

Einige Studenten verbinden Kunst mit Biologie, indem sie Sensoren in Blüten einbringen. Auch die Wirtschaft mitsamt ihren Krisen wird künstlerisch verarbeitet. Dabei entsteht ein hoher Faktor an Ironie: Sollte es während der Schau zu einem weiteren "schwarzen Montag" an der Börse kommen, wird ein Airbag explodieren, der sich ständig durch gemessenes Restrisiko aufbläht und wieder entspannt.

Der Langsamkeit in der Ästhetik des Zengartens ging das Institut für Kunstwissenschaften, Kunstpädagogik und Kunstvermittlung mit dem Thema Wiener Kaffeehaus nach– die Installation bietet sich auch als Geruchsinsel mit haptischen Lustbarkeiten an.

Die Bühnenbildner ziehen sich in einen Proberaum oder in Bühnenkästen für Autisten zurück, und die Modeklasse empfängt im Hauptraum mit einem Regenbogenkreis aus Kleidern mit extravaganten Ärmelstudien– der Reigentanz reicht von der Vergangenheit in die Zukunft, vom Orient zum Okzident.

Dazwischen gibt es von der Musik der Mimosen oder dem Lärm des Kerzenfeuers bis hin zu einem Boot mit dem am Palindrom "Anna" kopflos Scheiternden alles– von fantastischer Utopie bis zur harten Realität gequälter Hühner im Werbespot.

Aufzählung Ausstellung

The Essence 2008 Jahresschau der Angewandten Edek Bartz (Kurator) Museum für angewandte Kunst http://www.mak.at bis 13. Juli

Donnerstag, 26. Juni 2008

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