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09.03.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung
Pro: Flagge zeigen
VON NORBERT MAYER

I
n einem Land, das bis vor kurzem den "Tag der Fahne" zum Hochfest der Unabhängigkeit stilisierte, kann es keinen ausreichenden Grund geben, gegen das Hissen von Flaggen zu sein. Wer begeistert sein rotweißrotes Fähnlein schwenkte, wenn z. B. ein Bundespräsident die von Besatzung befreiten Alpen heimsuchte, lässt sich von keiner Kunsthalle schrecken, die sich in rotes Tuch hüllt. Von weitem sieht das schmucke Werk so aus, als ob die Macher im Museumsquartier letzte Reste maoistischer Vergangenheit bewältigen wollten. Erst bei Annäherung sieht man: nichts Gefährliches, sondern bloß ein Gruß vom Nachbarn, dem europäischen Partnerstaat Türkei - nichts Ideologisches, sondern eine Dekoration vom heimischen Naschmarkt.

Für die Fahnen-Freunde im MQ ergibt sich auch eine Verpflichtung. Wer so großzügig Flagge zeigt, signalisiert Respekt vor der Identität des anderen. Es herrscht für sie Staatlichkeit, nicht Anarchie. Nur böse Menschen wie "The Who" ließen sich aus dem Union-Jack Mod-Anzüge schneidern. Nur radikale Fundamentalisten, reaktionäre Aktionisten oder perverse Fetischisten verbrennen die "Stars and Stripes" (oder lassen dann sogar noch ihr Wasser darauf). Fahnen sind schmuck. Die Diskussion sollte endlich auf die artifizielle Ebene gehoben werden. Was ist eigentlich schöner? Rot oder Weiß, Grün oder Safran?

norbert.mayer@diepresse.com

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