Er fand das Malen wunderschön, lebte um 1920 kurz vom Illustrieren, hielt sich aber nicht für einen Maler: Hermann Hesse (1877–1962) begann während einer Psychoanalyse 1917 seine Träume im Aquarell festzuhalten, doch Farbe, Pinsel und Feder ließen ihn nicht mehr los und beeinflussten auch seine Sprache.
Obwohl seine Landschaften dem aktuellen expressionistischen Ideal eines August Macke entsprachen, galten sie als dilettantisch. Das Leuchten der Farben war ihm aber Trost im "Kampf mit der blöden Wirklichkeit." Beim Illustrieren seiner eigenen Texte kam er zu erstaunlich guten Resultaten: Eine Vignette mit dem gequälten Selbstbildnis als "Steppenwolf" weist auf Pop-Art und Art-brut voraus.
Hesse und die Hippies
Als Dichter erreichte er mit dem Nobelpreis 1946 den Zenit und begeisterte Generationen von Jugendlichen mit "Siddhartha" oder dem aus einer narzisstischen Krise geschöpften "Steppenwolf." Darin pocht er schon 1922 und 1927 auf die Pflege des Eigensinns, auf das Suchen von Problemen im Selbst, was die Hippie-Bewegung der Sechzigerjahre ebenso faszinierte wie seine Vorahnung einer virtuellen Cyberworld im späten "Glasperlenspiel."
Das Leopold Museum widmet der Doppelbegabung Hesse mit Bettina Leder-Hindemith und dem Herausgeber der Gesamtausgabe, Volker Michels, als Kuratoren die bis jetzt umfangreichste Schau mit 100 Aquarellen, Originalbriefen und Illustrationen, aber auch den Erstausgaben, Fotos und Lese- wie Hörbereichen. Immer noch ist Hesse weltweit der bekannteste deutsche Autor. Dennoch ist das wissenschaftliche Interesse an ihm eher gering.
Zwei Museen, eines in seiner Geburtsstadt Calw und eines in seiner Tessiner Wahlheimat Montagnola beherbergen nicht nur die interessanten Briefwechsel mit Thomas Mann, Stefan Zweig, den "Brücke"-Malern oder Alfred Kubin, sondern auch Schreibmaschine, Malkasten und Kleidung.
Diese Devotionalien und große Zeittafeln zum Lebenslauf lenken den Blick auf die Gesamtheit der Erscheinung: auf einen Liebhaber der Natur, ja sogar Nudisten, auf einen Gegner des eitlen Literaturbetriebs, Pazifisten und Kenner fernöstlicher Philosophie.
Die farbig frei, aber im Strich oft sichtbar mit Mühe komponierten kleinformatigen Blätter sind da wichtige Begleitmusik für seine Beschreibung des Lebens als "Bilderbuch."
Hermann Hesse
Dichter & Maler
Leopold Museum
Bis 3. Juni
Kuratoren: V. Michels,
B. Leder-Hindemith
Parallele Farbenspiele.
Donnerstag, 22. Februar 2007