(cai) Wenn ein Architekt nicht mehr aufhören kann, Hochhäuser zu
entwerfen, mag das eine Form von Priapismus sein (von Dauer-Erektion).
Oder wenigstens ein Lingam-Kult. Aber ob die penetrant senkrechten Masten
von Roland Kollnitz ( kein Architekt) deshalb gleich "optisches
Viagra" sind, maskulines Imponiergehabe? (Oder gar ein sublimierter
Exhibitionismus?) Dann wäre womöglich jeder Laternenpfahl eine
Verherrlichung der männlichen Potenz (des Patriarchats). Und wann immer
jemand auf offener Straße einen "phallischen" Schirm aufspannt, wäre das
mindestens Erregung öffentlichen Ärgernisses, wenn nicht sexuelle
Belästigung. (Da sieht man schon den Regen vor lauter Wetter nicht mehr,
die Tropfen vor lauter Nass. Oder umgekehrt.)
Jedenfalls: Kollnitz’ Stangen sind vielleicht überhaupt keine
Biologie, sondern Physik. Wenn ein Metallstreifen auf der Spitze eines
Bambusstabes versucht, dem freien Fall zu widerstehen, hätte Newton dafür
sicher eine hübsche Formel gehabt. Gut, die wippende Fahnenstange draußen
am Balkon der Galerie Hohenlohe, das Ding, das den Passanten drunten
"zuwinkt", hat ein bissl was von einer Ich-war-da-Geste. Und eigentlich
entfaltet sich Kollnitz’ Werk ja im Spannungsfeld zwischen
Gravitationsflucht (Staberln, die den Blick gen Himmel leiten) und
Erdanziehungskraft. Die Superniedrig-Sitzbank "Lümmel" pflückt sich die
Hintern geradezu mit zehn Metern pro Sekunde zum Quadrat herunter. Wenn
das keine Hommage an die Schwerkraft ist!
Seine Spezialität sind freilich prägnante Arrangements banaler,
unerwarteter Objekte. Humor und Mysterium, Speis und Trank: Neben einem
Weinglas (wohl beim zu enthusiastischen Anstoßen zerbrochen) steht ein
unprätentiös ehrliches Designobjekt: eine Klopapierrolle. Tja, das ist
eben der Weg allen Essens. Wer das Klopapier nicht ehrt, ist die Serviette
nicht wert.
*
Pflück dir eins!
(cai) Ein Autodach nämlich. Zuerst hat sich die Fassade der Angewandten
in ein paar parkenden Autos gespiegelt, diese Spiegelbilder hat der
Reinhard Blum dann mit einem Spezial-Fixativ (einem gentechnisch
veränderten Haarspray) konserviert, um nachher besagte Autodächer
abzumontieren und an eine Wand zu hängen. Denn anders als durch ein Wunder
können die unglaublichen Sachen ja kaum entstanden sein. Dann gibt’ s da
noch Bilder von Antonio Marra, die schaut man sich quasi mit den Füßen an.
Vor denen möchte man unentwegt hin und her laufen. Weil sich die süffig
abstrakten Strukturen je nach Blickwinkel verändern. Der Kalorienverbrauch
des Betrachters ist garantiert höher als bei "statischen" Bildern. Und
Claudia Hirtls potent einfache Pinselschwünge? Schmeicheln sich bei der
Netzhaut auch ein.
*
Plitschplatsch
(cai) Leider gibt es da keine Muschel, die man sich ans Ohr pressen
könnte. Für den Soundtrack. (Diese "Tonträger" sollen ja unermüdlich
dieses eine Musikstück abspielen: das Meeresrauschen.) Denn Katja Praschak
hat Strandimpressionen (fast aufdringlich unspektakulär, gesucht
beiläufig) von einem Tag und einer Nacht am Mittelmeer mitgebracht. Für
jede Stunde eine. Die Flüchtigkeit des Augenblicks schlägt sich nieder in
einer delikaten "Malschlamperei".
Galerie Hohenlohe
(Bäckerstraße 3)
Roland Kollnitz
Bis 11. November
Mo. bis Fr. 11 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr
Markant.
Galerie Lang
(Seilerstätte 16)
Katja Praschak
Bis 14. Oktober
Di. bis Fr. 12 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 16 Uhr
Farbsensibel.
Galerie Wolfgang Exner
(Rauhensteingasse 12)
Reflexionen
Bis 9. Oktober
Mo. bis Fr. 11 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 17 Uhr
Ziemlich befriedigend.
Mittwoch, 20. September
2006