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Galerien in Wien: Lady Di als Vogerl im Käfig

04.06.2008 | 19:23 | NICOLE SCHEYERER (Die Presse)

Kunst des Theater-Aktionisten Christoph Schlingensief in der Galerie Charim.

Wer die Theaterinszenierungen von Christoph Schlingensief kennt, erwartet auch in seiner Kunst Chaos, Trash und Verwirrung. Überraschend geordnet und sauber gestaltet sich aber die aktuelle Ausstellung in der Galerie Charim. Da steht etwa ein Kirchlein auf einem Podest, ein Holzbau im Stil des amerikanischen Puritanismus. Der harmlose Modellbau bezieht sich auf die Aktion „Church of Fear“, die die Kunstkarriere des deutschen Berserkers auf der Biennale in Venedig 2003 begründete. In Venedig erhielt der Filme- und Theatermacher Unterstützung von „Hauser & Wirth“, einer der potentesten Galerien der Welt, die ihn heute vertritt.

Auch das Burgtheater-Spektakel „Area 7“ 2006 strotzte vor kunsthistorischen Bezügen: Doubles von Hermann Nitsch und Jonathan Meese traten auf, allerortens fanden sich Persiflagen auf den Wiener Aktionismus oder Fluxus und die Bühnengeisterbahn namens „Animatograph“ ließ entfernt an den russischen Konstruktivismus denken.

Bei Schlingensiefs bühnenbildnerischem Talent verwundert es wenig, dass seine Kunstwerke größtenteils Auskopplungen aus realisierten oder gescheiterten Theaterprojekten darstellen. So etwa bei der Kreuzigungsszene mit Behinderten und Liliputanern, die nach der abgesagten Oper „Freaks“ in Bonn zustande kam. Weihrauch steigt auf, bunt leuchten die Apostelkleider und rot das Blut auf Jesus' Brust: Schlingensief stellt die gewagt prächtigen Fotos in Leuchtkästen aus, was sie in die Nähe von Heiligenkitsch rückt (10.000 Euro).


Horrorhaus und Totenbräuche

Aus seiner Zeit als Regisseur von Splatterfilmen hat Schlingensief die Vorliebe für gruselige Settings behalten. Drei gelungene Fotos in der Schau führen zu dem „Horrorhaus Holmur“ – ein verlassenes Gelände mit Autowracks in Island. Nur einen kleinen Happen seiner Installationskunst der Verschläge, Tunnels und Kammern bietet „Little Shrine“: Es handelt sich um einen aus Brettern gezimmerten Altar für Lady Di, die wohl durch den Vogel im Käfig symbolisiert sein soll. Zuletzt führt die Schau in einen schrägen, silbernen Salon mit sechs Kaminen, in denen Videos anstatt Feuerchen flackern. Auf seine ganz spezielle Weise hat Schlingensief Rituale in Nepal gefilmt, in denen es etwa um Opfertiere und Totenbräuche geht. Gerne sieht man dem Künstler als Ethnologen zu, fehlt nur noch ein Sofa und eine Decke über den Beinen. Galerie Charim, 1, Dorotheergasse 12, bis 31. Juli

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2008)


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