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07.12.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung
Ausstellung: Die Knochen sind längst vermodert
VON HANS WERNER SCHEIDL
Im Heeresgeschichtlichen: Fotos von der italienischen Dolomitenfront.

Wo vor neunzig Jahren erbitterte Gefechte stattfanden, buchstäblich ein Schlachten auf der Tagesordnung war, herrscht heute eine Postkartenidylle. "Über allen Gipfeln ist Ruh'" heißt daher auch die Fotoausstellung im Heeresgeschichtlichen Museum, die am Dienstagabend eröffnet wurde.

Erstmals in der Geschichte des HGM wurde einem jungen Fotokünstler die Aufgabe gestellt, den krassen Gegensatz zwischen der prächtigen Kulisse der Sextener Dolomiten und den Schrecken des Hochgebirgskampfes während des 1. Weltkriegs darzustellen.

Der Künstler heißt Martin Wampl, ist Vorarlberger und arbeitet heute in Dortmund. Für ihn war es schier unglaublich, dass sich im einstigen Frontverlauf heute Touristenkarawanen dahinwälzen, hart an den italienischen und österreichischen Stellungen, ohne eine Ahnung von den Ereignissen zu haben, die dort Hunderttausende das Leben gekostet haben.

Nachdem am 23. Mai 1915 das Königreich Italien die Neutralität aufgegeben und Österreich-Ungarn den Krieg erklärt hatte, erfasste der Weltenbrand auch die Hochgebirgsregion. Kämpfe auf über 2000 Metern Höhe waren keine Seltenheit. Es wurde auf beiden Seiten mit einer Verbissenheit sondergleichen gekämpft - mit ungeheurem Blutzoll und enormem Materialverschleiß.

45 künstlerische Schwarz-weiß-Fotos zeigt nun das HGM bis 23. April. Wir wandern entlang der ehemaligen Front in den Sextener Dolomiten, auf dem Monte Piano (noch heute ist mit diesem Namen schreckliches Leid verbunden), bis hinüber zu den Drei Zinnen, die sich sommers der Bergsteigermassen schon längst nicht mehr erwehren können.

Wampl trennt bewusst die historischen Aufnahmen von seinen Fotos, die im Laufe der letzten vier Jahre entstanden sind. "Diese optische Trennung soll die Hoffnung symbolisieren, dass es nie wieder Krieg geben möge", sagt der Fotograf. Statt des Kampflärms von einst also über allen Gipfeln Ruh'.

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