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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
28. September 2005
21:16 MESZ
Gescheiterte und neue Utopien
Der Architekt der Mur-Insel, Vito Acconci, hat eine begehbare Skulptur entworfen, die den Wiener Gürtel beleben soll

Der Bau des Coop Himmelb(l)au-Turms am Mariahilfer Platzl ist endgültig gescheitert. Jetzt ist ein weiteres architektonisches Highlight nahe des Westbahnhofes in Planung: Der Architekt der Mur-Insel, Vito Acconci, hat eine begehbare Skulptur entworfen, die den Gürtel beleben soll.

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Wien - Auf Stadtplänen sucht man vergeblich danach, dennoch weiß man, was gemeint ist: Das Mariahilfer Platzl ist seit Jahren Objekt unzähliger Versprechungen und angekündigter Bautermine.

Seit 1991 wurde die Aufwertung des Platzes am Eingang zur Inneren Mariahilfer Straße intensiv diskutiert - und zwar in Verbindung mit einem ambitionierten Bau von Coop Himmelb(l)au. Das lang geplante Projekt, ein transparenter 70 Meter hoher Doppelturm, einer stehend und einer quer schwebend, ist nach vielen verschobenen Baubeginnen nun endgültig gescheitert. Es wurde zwar eine Tiefgarage samt der Fundamente für den spektakulären Turm errichtet, mangels Betreiber kam es aber nie zu einer Realisierung.

Unmotivierte Schotter- und Grasflächen machen den trichterförmigen Platz gegenüber dem Europaplatz seither quasi unbegehbar. Daher wurden von April bis September in einem Bürgerbeteiligungsverfahren Rahmenbedingungen für eine Neugestaltung erarbeitet. Das Ergebnis: Das Mariahilfer Platzl soll ein "neutraler" Freiraum mit Platz zum Spielen uns Sitzen werden, eine Baumkulisse Abschirmung vor dem Verkehr bieten. Möglich wäre auch die Einrichtung eines Pavillons mit Info-Point. Die Details werden nächstes Jahr in einem offenen Wettbewerb geklärt.

Spielerische Skulptur

Nicht weit vom Mariahilfer Platzl entfernt wird indes ein anderes gewagtes architektonisches Experiment in Angriff genommen. Der New Yorker Stararchitekt Vito Acconci, der schon die - wegen der hohen Kosten nicht unumstrittenen - Mur-Insel in Graz entwarf, hat für den Grünstreifen in der Gürtel-Mittelzone zwischen Westbahnhof und Urban-Loritz-Platz eine futuristische Bogenkonstruktion konzipiert. Die möglicherweise begrünte Skulptur besteht aus 33, unterschiedlich hohen Stahlringen, die sich quer zum Gürtel um Stege ranken, die das Kunstobjekt begehbar machen. Grundidee war die Einbindung von Jugendlichen, die sich integrierte Sport- und Spielplätze sowie eine Art Speakers Corner wünschen.

Acconci hatte schon in den 90er-Jahren eine aufwändige Skaterbahn zur Belebung des Streifens geplant, die nie verwirklicht wurde. Freilich könnte auch das neue Projekt Utopie bleiben. Derzeit wird erst die technische Machbarkeit geprüft, auch die Finanzierung - ein Bogen kostet geschätzte 90.000 Euro - ist noch ungeklärt. Die Skulptur könnte aber auch abschnittsweise installiert werden.

Auf wackeligen Beinen stehen auch die Neubauten rund um den Westbahnhof, der um einen Hotelbau und ein Büro-und Geschäftszentrum erweitert werden soll. Denn jetzt ist ÖBB, die an allen Ecken und Enden mit der Bahnhofsoffensive beschäftigt ist, am Zug, Investoren zu finden und die Pläne für ein Flächenwidmungsverfahren vorzulegen. Fix ist dagegen der Zubau zur Stadthalle - der ist nämlich schon fertig. In der neuen Konzerthalle sind 2000 Sitzplätze untergebracht. (kri, DER STANDARD Printausgabe 29.9.2005)


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