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16.12.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Hubert Winter: Dauerbrenner

kunstraum

Urs Lüthi ist ein freundlicher Zyniker, der wie ein geschäftstüchtiger Guru einer Wellness-Sekte sein Frühwerk vermarktet. Auf der Biennale Venedig 2001 zeigte er unter dem Motto "Art for a better Life" eine Reihe von Merchandising-Produkten, versehen mit Parolen aus der Positive-Thinking-Industrie. Dass Kunst eine Art Heilsbringerin sein kann, wusste der 1947 geborene Schweizer stets zu ironisieren. Vom Formalen her, meinte er einmal, gäbe es nichts mehr zu tun, das Alphabet sei schon erfunden. "Was von der Klarheit geblieben ist" titelt seine Wiener Schau. Dass der Blick gleich auf geschichtete, digital bearbeitete Fotografien fällt, auf denen fast nichts zu erkennen ist, wirkt wie ein spöttischer Eigenkommentar. Lüthi, selbst nicht gerade eine Bodybuilder-Ikone, joggte unter der Devise "Run for your Life" in einem Video aus 2000 noch frohgemut auf einem Laufband. Bei Hubert Winter beschränken sich seine Körperaktivitäten auf alltägliche Bewegungen wie Stolpern oder jemandem zuwinken - all das in kleinen weißen Gussfiguren (35.000 €). Weiters zu sehen: Schwarzweißfotografien aus den 70ern, darunter "Urs Lüthi weint auch für Sie". Sie verdeutlicht, dass der Künstler nicht nur unter dem Transgender-Aspekt schon früh spätere Tendenzen vorwegnahm. Wieder einmal zeigt sich: Urs Lüthis Repertoire ist von einer gnadenlos durchkonjugierten Logik! (bis 20. 1., Breite Gasse 17, Wien 7)

GALERIE SCHAFSCHETZY: UMWELT

Dass im anhaltenden Malerei-Revival dem Realismus und der Darstellung des Menschen sowie seiner Umwelt ein besonderer Stellenwert zukommen, beweist zurzeit die Grazer Galerie. Der Konsum ist Karen Holländers Thema. In Kleinformaten und Graustufen zeigt sie das wichtigste Requisit des Käufers: den Einkaufswagen (600 €). Als "Ladenschluss" betitelt sie ihre Farbbilder, die mitunter eine hölzerne, künstliche und auch erschöpfte Konsumgesellschaft zeigen. Andreas Leikauf unterläuft nicht nur Mechanismen von Kunstmarkt und Medienwelt, sondern relativiert deren Spielregeln durch Sätze wie "be proud to be out" (1050 €). Josef Kern widmet sich seit Jahren der Menschen-Darstellung und scheut sich nicht, durch unbarmherzige Realitätsnähe die Intimsphäre der Dargestellten zu durchbrechen (6500 €). Bunt, kühl, präzise inszeniert Klaus Wanker Jugendliche als Stereotype einer Welt des Starkults à la MTV. Und Anton Petz gibt sich als Einziger abstrahierend. Er geht der Frage nach, was das Individuum und die Masse bewegen kann und konzentriert sich dabei auf die Wirkung massenmedialer TV-Bilder. (bis 24. 12., Färberg. 2, Graz) Manisha Jothady

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