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Ausstellung: Zeitungsdrache und Papierklang

05.11.2008 | 18:19 | MANISHA JOTHADY (Die Presse)

Was Papier alles kann: „Dimension fragile“ in der Galerie Hrobsky zeigt es.

Trotz zunehmender Digitalisierung hat Papier als Grundlage für künstlerische Arbeiten noch lange nicht ausgedient, im Gegenteil: Das traditionelle Material hat in den letzten Jahren Konjunktur. Schon im 19. Jahrhundert wurde Papier als eigenständiger Werkstoff geschätzt: In Gouachen der Spätimpressionisten standen unbemalte Kartonflächen gleichberechtigt neben Farbpartien. Seither wurde Papier nicht nur als Trägermaterial für Malerei und Zeichnung in seiner Materialität befragt – in Collagen, Skulpturen, raumgreifenden Installationen.

Die Sorge ums Verschwinden von Papier im digitalen Zeitalter ist nur ein Mythos. Das zeigt auch „Dimension fragile“ bei Ulrike Hrobsky, ein Ausschnitt der Sommerausstellung im Österreichischen Papiermachermuseum in Laakirchen/Steyrermühl. Zwölf Künstler aus China und Europa beschäftigen sich in der Wiener Version mit Formbarkeit, Transparenz, Fragilität und Reiz der besonderen Haptik des Materials.

 

Chinesische Volkskunst

In China sind Herstellung und künstlerischer Umgang mit Papier Teil einer 2000-jährigen Tradition: Es ist Basis für Kalligrafie, Scherenschnitt, Origami, Tuschemalerei. Zu Chinas gehypter Gegenwartskunst gehört eine Bewegung, die traditionelle Techniken zeitgenössisch interpretiert. Lu Shengzhong macht, angelehnt an Volkskunst, Scherenschnitte aus rotem Papier. Hu Youbens Tuschemalereien auf zerknittertem Papier haben reliefartigen Charakter. Chen Qingqings Kleid aus Hanf, Blüten und Seidenraupenkokons (13.000 €) verweist auf die Vergänglichkeit des menschlichen Körpers. Wang Leis „Drachengewand“ aus Zeitungspapier (im alten China ein Machtsymbol) hinterfragt Massenmedien kritisch. Originell und experimentell ist der Zugang des Klangkünstlers Tan Dun: Er nutzt verschieden verarbeitetes Papier instrumental.

Die westlichen Künstler arbeiten dagegen streng formal oder im Sinne eines erweiterten Skulpturbegriffs: Tone Finks „Schampfeilgewand“ wirkt wie ein überdimensioniertes Brautkleid, markiert die Grenze zwischen Nutz- und Kunstobjekt (16.000 €). Josef Adam Mosers Wandobjekte heben Grenzen zwischen Malerei und Skulptur auf. Birgit Knoechls beeindruckende Rauminstallation mit vegetativen Formen aus papierenen Liniengerüsten transportiert den Scherenschnitt in die dritte Dimension (7.000 €).

1., Grünangerg. 6, bis 22.11.


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