Galerien live
An der orangen Donau
(cai) Das ist entweder ein magisches Ritual oder Kunst, was da hinterm
Schaufensterglas vor sich geht. Ein orange bekleckertes Einmachglas
steht harmlos herum (echtes "Eau du Danube" soll auch einmal drin
gewesen sein: Wasser aus der Donau), dann schwillt ein oranges Licht an
und färbt die unbetretbare Kammer ein. Nur Bananen, äh:
Banausen
halten das für eine recht bescheidene Sache. Wir andern erahnen: Die
haben womöglich ein Generikum vom legendären Spice dort drin. Vom David
Lynch wissen wir ja: Das orange Spice-Gas befähigt Auserwählte, den
Raum zu krümmen. Die gelangen in jeden Teil des Kosmos, ohne sich
bewegen zu müssen.
Die Stiegen zur eigentlichen Galerie muss man leider trotzdem per
pedes erklimmen. Oben hilft uns Joëlle Tuerlinckx dann, endlich das
wahrzunehmen, was eh da ist: die einzelnen Räume. Jedem hat sie einen
kryptointellektuellen Namen verpasst, was bei mir eine spontane
Esoterik-Abwehrreaktion ausgelöst hat. Als hätte mir jemand zwei Finger
tief in den Mund gerammt. "Saal des Eintritts in die Materie": die Idee einer Ausstellung, eine Skizze
davon. Alle Kanten des Raumes sind schwarz nachgezogen, leere Bilder
mit Lippenstift umrandet. Andererseits hat der brutale Purismus eine
verhaltene Poesie. Und der "Saal der beschleunigten Zeiten oder
verordneten Träume" ist sowieso eine Kapelle: Wie ein Menetekel
erscheint da ein beiges Andreaskreuz. Dieser Schatten ist aber bloß die
gealterte Wandfarbe, während der Rest frisch geweißelt ist. Eine
Todesdrohung? (Auch du bist vergänglich. Wie das Weiß an der Wand.) Genial oder banal? Keine Ahnung.
Galerie nächst St. Stephan (Grünangergasse 1) Joëlle Tuerlinckx Bis 28. Juni Mo. bis Fr. 11 bis 18 Uhr Sa. 11 bis 16 Uhr
Leinwände im Koma
(cai)"Schneeblind" heißt das Ganze wohl, weil die neuen Bilder von
Hanspeter Hofmann fast so weiß sind wie die Antarktis. Mir ist direkt
der Mund offen geblieben. Vor lauter Gähnen. Alles ist unerträglich
starr und platt. Scheintote Kleckse. Das züchtige Leben der Einzeller?
Diese Leistung verdient fünf Sterne. Weiß wie die Schneehühner in der
winterlichen Tundra.
Engholm Engelhorn (Schleifmühlgasse 3) Hanspeter Hofmann Bis 26. Juni Di. bis Fr. 11 bis 19 Uhr Sa. 11 bis 15 Uhr
Dienstag, 17. Juni 2008
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