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Lyon: Weltweit größte Keith Haring-Retrospektive

26.02.2008 | 10:54 |  (DiePresse.com)

Heuer wäre der Pop-Art-Star 50 Jahre alt geworden. Frankreich ehrt den Graffiti-Künstler mit einer umfangreichen Ausstellung.

Frankreich war das erste Land, das dem New Yorker Pop-Künstler Keith Haring die erste Einzelausstellung gewidmet hat. Mehr als 20 Jahre später findet in Frankreich nun auch die größte Retrospektive weltweit statt. Unter dem Titel "Keith Haring" zeigt das Museum für zeitgenössische Kunst in Lyon 280 Werke des Amerikaners, der einer der populärsten Künstler der Gegenwart ist. "Ich hatte zu Beginn der 80er Jahren seine Bedeutung unterschätzt. Danach rissen sich alle um ihn. Ich bin froh, dass ich mein Versäumnis in diesem Jahr, seinem Geburtstagsjahr, nachholen kann", sagte der Leiter des Museums, Thierry Raspail.

Am 4. Mai wäre Haring 50 Jahre alt geworden. Er starb am 16. Februar 1990 im Alter von nur 31 Jahren an der Immunschwächekrankheit Aids. In nur zehn Jahren hinterließ er Tausende seiner Strichmännchenwerke, mit denen er in den 80er Jahren seinen künstlerischen Durchbruch schaffte. Die Ausstellung ist bis zum 29. Juni zu sehen.

Umrisse in der U-Bahn

Der Maler, Zeichner und Bildhauer bemalte 1980 erst die Gänge und Plakatwände der New Yorker Subway mit seinen Umrissfiguren, bevor diese zwei Jahre später in den ersten New Yorker Galerien gezeigt und bereits 1984 in Tokio, London und Köln ausgestellt wurden. Sein Gesamtwerk wurde stark durch die Graffiti-Kunst inspiriert.

Harings zu Logos stilisierten Hunde und Babys sind Teil unserer Bildkultur geworden. Das Museum zeigt auch seine homoerotischen Motive und seine politisch und sozial geprägten Werke, die Gewalt und Rassismus anprangern. Etwa die zahlreiche Tuschezeichnungen, auf denen ein Weißer zu erkennen ist, der mit einem Stock auf einen Schwarzen einschlägt.

Bunt, fröhlich, bedeutungsvoll

Haring arbeitete gern und viel mit Kindern und setzte sich sehr für die Aids-Aufklärung ein. Er ließ seine Männchen, Hunde und Babys über riesige Wände purzeln, sie zieren noch heute zahlreiche Fassaden von Krankenhäusern und Bürokomplexen. Mit seinen comicartigen Figuren und Piktogrammen bemalte er 1986 auch die Berliner Mauer, Autos und den Körper von Grace Jones, Model, Sängerin und Schauspielerin.

Auch wenn viele Symbole und Werke eine Grundstimmung von Optimismus und Lebensfreunde zum Ausdruck bringen, steckt hinter ihnen eine tiefe Bedeutung: Der Hund verkörpert etwa das Tierische im Menschen, die Pyramide das Geheimnisvolle, das rote Kreuz den Tod, das grüne Kreuz das Leben und die durchlöcherten Körper spielen auf den Mord an dem Beatle-Sänger John Lennon an.

"Keith war ein Mensch voller Lebensfreude, denn er hatte seinen Traum erreicht. Malen so viel er konnte, für so viel Menschen wie möglich und so lange wie möglich", erzählte Julia Gruen, seine frühere Assistentin, Freundin und jetzige Leiterin der 1989 gegründeten Keith Haring-Stiftung, die sich bis heute für wohltätige Zwecke einsetzt.

Kunst für jeden

Sein Konzept von universeller Kunst, die für jeden zugänglich sein sollte, fand in dem 1986 eröffneten "Pop Shop" seinen Höhepunkt: Ein Laden, der von der Decke bis zum Boden mit seinen Symbolen, Idolen und bunten Figuren bemalt war und in dem er seine Arbeiten auf T-Shirts und Spielzeugen gedruckt verkaufte. Haring wollte die Grenze zwischen hoher Kunst und Popkultur auflösen. Seine Werke sind, so wie die seines Künstlerfreundes Andy Warhols, Teil der Massenkultur geworden.

(Ag.)


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