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04.07.2006 - Kultur&Medien / Kultur News
Proträt: Hanns Kunitzberger
VON ALMUTH SPIEGLER
Hanns Kunitzberger im Wiener Künstlerhaus.

Dass es so einen Maler in Österreich gebe. Und er ihn nicht kenne! Aus seiner Verwunderung darüber machte Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder bei der Vernissage der Ausstellung von Hanns Kunitzberger im Wiener Künstlerhaus kein Hehl. Zwei Wochen vorher nur war er gefragt worden, die Eröffnungsrede zu diesem ihm bisher unbekannten Künstler zu halten. Und zeigte sich überwältigt, in der Arena großformatiger, geheimnisvoll schimmernder Gemälde.

Der monumentale, zu drei Wänden geschlossene Zyklus von 16 Bildern in der Tageslichthalle ist das Herzstück von Kunitzbergers Retrospektive. Eine Gesamtfläche von drei mal 30 Meter umfassend, entstanden die je nach Sonnenstand ihren Charakter wechselnden Leinwände in drei Jahren Arbeit. Hauchdünne Schicht um hauchdünne Schicht. Ölfarbe, ephemer und luzid aufgetragen wie beim Aquarell. Nur manchmal glänzt das Harz, in feinem Grau, wie man es nie malen könnte, schwärmt Kunitzberger.

Und erklärt: "Ich will dem Auge nur das geben, was es braucht, fast homöopathisch." Als Purist suche er die Ekstase in der Askese, in diesem extrem langsamen Arbeitsvorgang, dem Warten auf das Trocknen der Farbe. Und trotz aller Reduktion wirkt das Ensemble doch wie der Panorama-Ausschnitt eines barocken Wolkenhimmels. Seine österreichische Sozialisierung, so Kunitzberger, könne er eben nicht verleugnen.

Im Einzelnen aber erkennt man in den sanften abstrakten Farbschattierungen dann das, was man will. Das, was man in sich trägt. Sich selbst, pathetisch ausgedrückt. Seine eigene "Gewordenheit", wie Kunitzberger es sagt. Dabei will er nichts sagen, sondern fragen. Wonach? "Nach dem Nichtwissen", lautet die Antwort. Vage. Aber konsequent. Schließlich möge er keine "grundsätzlichen Antworten". Und diese seien in der Bilderindustrie heute so laut, dass man die Frage dahinter meist gar nicht mehr erkennen kann, moniert er. Ein einziges "kulturelles Wellnessangebot".

Sein Werk dagegen soll zur Konzentration beitragen, nicht zur Meditation oder anderem esoterischen Zeug. Sein Werk? Ein einziges Bild, an dem er bis zuletzt malen werde, eine "Serie der Gleichzeitigkeit". Der Verlockung der Beliebigkeit, die darin liege, für alle verständlich sein zu wollen, wird Kunitzberger so schnell wohl nicht erliegen.

Dass seinen Namen, trotz treuer Sammler wie Maximilian Schell, aber niemand leicht auf der Zunge trägt, erklärt sich durch die spät begonnene Karriere des Künstlers. Erst vor zehn Jahren, Anfang 40, trat er mit seinen Bildern an die Öffentlichkeit. Es folgten bewusst wenig Ausstellungen, betont Kunitzberger, der von seiner Frau gemanagt wird: 1999 in der Künstlerhaus Galerie, dann im Diözesanmuseum und zuletzt, Herbst 2005, eine große Malerei-Installation im MAK, in der Beat Furrer sein drittes Streichquartett aufführen ließ.

Davor arbeitete der Salzburger, der am Mozarteum studiert hatte, als Bühnenbildner und Filmregisseur. Ein Vorteil, meint Kunitzberger, er konnte sich keimfrei vom Kunstmarkt entwickeln, wurde "nicht indoktriniert". So lebt er heute in seinem Wiener Atelier wie auf einer Insel. Und macht, was er immer wollte: "Bilder, die man noch nie gesehen hat."

Monochrom, einfärbig? Alles andere sind die je nach Tageslicht changierenden Ölgemälde des 1955 in Salzburg geborenen Malers Hanns Kunitzberger. 60 davon sind noch bis Sonntag, 9. Juli, im Künstlerhaus zu sehen. Tägl. 10-18h.

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