Elke Krystufek, Sängerin?

Dilettantismus ist für Elke Krystufek die Voraussetzung kreativer Kunstentfaltung. Also singt sie auch.


Seit 13 Jahren agiert Elke Krystufek - viel diskutiert - im internationalen Kunstbetrieb. Die Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen, mit Sexualität und Gewalt nimmt in ihrem Werk eine zentrale Rolle ein. Sie selbst ist dabei ihr bevorzugtes Modell, wie in der erst kürzlichl zu Ende gegangenen großen Ausstellung in der Sammlung Essl unter dem Krystufek-typischen Titel Nackt und mobil zu sehen war.

Im Februar 2002 versuchte sie ihr musikalisches Debüt im Museum für Angewandte Kunst. Begleitet wurde ihr Auftritt als Sängerin von der Linzer Philharmonie. Das Musikstück zu der Elke Krystufek erstmals als Sängerin zu bestaunen war, war eine Arie aus der Fledermaus. Mit kultur.ORF.at hat Elke Krystufek über Dilettantismus, Performance-Kunst und ihre Karrierepläne als Sängerin gesprochen.

Frage: Im RadioKulturhaus treten Sie mit der Linzer Philharmonie auf. Laut Eigendefinition handelt sich bei diesem Orchester um ein Dilettantenorchester. Was ist für sie Dilettantismus?

Krystufek: Dilettantismus ist für mich, etwas herzustellen, oder Kunst zu machen, ohne, dass man dafür etwas Lernen muss. Ich habe zum Beispiel kein abgeschlossenes Kunststudium. Ich habe mich schon während des Studiums geweigert, etwas für die Ausführung meiner Arbeiten zu lernen.

Frage: Ist man dadurch kreativer?

Krystufek: Ja, ich glaube, man hat einen freieren Kopf, weil man die Gedanken für etwas anderes verwenden kann. Man braucht nicht so viel Speicherplatz. Computer arbeiten auch langsamer, wenn sie viel gespeichert haben. Im Leben fordert man von uns, ständig etwas zu lernen. Dadurch entsteht aber auch ein Druck von Seiten der Institution, sich möglichst perfekt anzupassen. Genau das konnte ich nicht ertragen.

Frage: Erkennt man andere Zusammenhänge, wenn man weniger von manchen Dingen weiß?

Krystufek: Ja sicher. Ich wäre sonst nie auf die Idee gekommen, mit Leuten, die größten Teils falsch spielen, ein Musikprojekt zu machen. Wenn jemand Musik studiert, wird er wahrscheinlich möglichst perfekt spielen wollen.

Frage: Was interessiert sie am dilettieren der Linzer Philharmonie?

Krystufek: Über den Dilettantismus gibt es eine Gemeinsamkeit. Obwohl wir sonst ziemlich verschieden sind. Das Orchester funktioniert als Gruppe. Ich funktioniere als Person. Mich interessiert, was da zusammen entsteht. Jedenfalls sehe ich den gemeinsamen Auftritt auch als Versuch, mich selbst etwas sozialer zu machen. Außerdem haben mich schon immer Künstler interessiert, wenn sie nicht gehypt werden.

Frage: Die Linzer Philharmonie gibt es schon seit Februar 2000. Als sie im vergangenen Februar im MAK, erstmals gemeinsam aufgetreten sind, haben die Medien ausschließlich von ihnen berichtet.

Krystufek: Das war ein Missverständnis. Ich glaube, das hatte mit der Ausstellung in Klosterneuburg zu tun und wäre zu einer anderen Zeit sicherlich anders gewesen.

Frage: Gab's Beschwerden vom Orchester?

Krystufek: Nein.

Frage: Wie ist es zur Zusammenarbeit gekommen?

Krystufek: Entstanden ist das Projekt jedenfalls als Antithese zum Kunstbetrieb. Es verschließt sich allen gängigen Parametern. Es lässt sich nicht leicht kommerzialisieren. Es gibt kaum Unterlagen und lässt sich nur schwer verbreitern. Es gibt kaum Informationen. Auch die Webseite ist sehr undergroundig. Alles in allem steht das Projekt in einem Wiederspruch zu dem, wie der Kulturbetrieb heute funktioniert - denn natürlich ist der Kulturbetrieb durchorganisiert.

Frage: Die Linzer Philharmonie vermittelt auch performative Inhalte.

Krystufek: Im Kunstkontext ist die Linzer Philharmonie vor allem als Performance-Projekt interessant. Obwohl das Orchester an Musiktraditionen anknüpft, gibt es keine Parallelen zu in der Geschichte der Performance. Da passiert etwas Neues in der Kunst. Im Grunde ist Österreich auf den Aktionismus fokussiert. Nachher gab es in dieser Richtung fast nichts mehr.

Frage: Der Aktionismus war an Einzelpersonen gebunden.

Krystufek: Das ist auch der Unterschied. Bei der Linzer Philharmonie stellt ihr Gründer Hannes Langeder zwar die Gruppe zusammen, trotzdem hat er keine Führungsrolle. Wenn ich an die Mühl-Kommune denke, war es dort genau umgekehrt.

Frage: Wird es weitere musikalische Ambitionen von Elke Krystufek geben?

Krystufek: Nein, da fehlt mir das Gehör. Außerdem setzt man sich in der Musik einer völlig anderen Dynamik aus, als bei der bildenden Kunst. Es ist ein völlig anderes Spiel mit den Zuschauern. Was mir an der bildenden Kunst gefällt, ist, dass es dort mehr Interaktivität gibt. Das Publikum hat mehr Möglichkeiten einzuschreiten. Bei Performances tritt man nur kurz heraus, dann umgibt man sich aber wieder mit den Anwesenden. Als Musiker agiert man schon etwas abgehobener.

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