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13.03.2002 - Kultur News
Bundes-Kunstförderung: Neuer Chef will mehr "Handlungsspielraum"
Klaus Wölfer, Diplomat, seit 1. Februar Sektionsleiter für die Bundeskunst, sieht sich vor allem als Ideengeber und interessiert sich besonders für Film und Architektur.
VON BARBARA PETSCH


"Kultur wird ein immer wichtigeres Instrument in der Außenpolitik - und für die Gestaltung der Außenbeziehungen eines Landes, besonders eines kleinen und konfliktfreien. Kunst ist ein gutes Vehikel, um auf sich aufmerksam zu machen."

Seit 1981 ist der 45jährige Jurist Klaus Wölfer im diplomatischen Dienst. Vom Außenministerium wurde er nun auf vorerst fünf Jahre ans Bundeskanzleramt verliehen, um die Kunst-Sektion zu führen. Wölfer, der zuletzt sechs Jahre erfolgreich das österreichische Kulturinstitut in Rom leitete, wurde nach einer Ausschreibung ernannt. Seine internationalen Erfahrungen seien dafür wohl auch ausschlaggebend gewesen, meint er. Der gebürtige Burgenländer spricht mehrere Sprachen: Englisch, Französisch, Italienisch, Serbokroatisch, etwas Ungarisch, Slowenisch, Spanisch.

80 Millionen Euro jährlich

Dennoch, was qualifiziert einen Diplomaten zum obersten Kunstförderer, Herr über ein Budget von immerhin 1,1 Mrd. S jährlich (80 Mill. €)? "Diplomaten sind Akteure angewandter Kulturpolitik. Im Ausland erfährt man jeden Tag, was an österreichischer Kultur wirklich wesentlich ist und kann die Probe machen", meint Wölfer: "In Italien sind das die Salzburger Festspiele und die Philharmoniker. Das ist das absolut Wichtigste. Bildende Kunst: Schiele, Klimt, von den Gegenwartskünstlern Arnulf Rainer, Franz West, Hermann Nitsch. Literatur: Musil, Joseph Roth, Alexander Lernet-Holenia, Ingeborg Bachmann, Thomas Bernhard. Die Italiener haben wie die Österreicher eine theatralische Ader. Natürlich ist das von Land zu Land verschieden."

Das Kunstbudget ist stark verplant. Es gehe darum, mehr Handlungsspielraum zu gewinnen: "Es wird aber nichts umgestürzt oder abgerissen." Derzeit werden Möglichkeiten sondiert, die Filmförderung zu verbessern anhand des französischen Modells, wo es viel Geld, aber auch eine starke Tradition und eine offene Filmkultur gebe: Ideal wäre "Gelder aus der Wirtschaft zu lukrieren, auch aus der EU. Koproduktionen sind wichtig. Wir sind da ein winziger Markt."

Künftig Berichte früher

Wird es bald heißen: Lieber Film als darstellende Kunst? Wölfer: "Man muß sich klar sein, daß Österreich andere Traditionen hat als Frankreich: Musiktheater, Theater. Aber auch Baukunst, wo Experten sagen, daß Österreich, die Schweiz und die Niederlande Architektur der Spitzenklasse hervorbringen - unter den kleineren Ländern."

Derzeit ist Wölfer beschäftigt, den Kunstbericht 2001 fertigzustellen, die Berichte sollen künftig früher fertig werden. Konkrete Projekte könne er noch nicht nennen: "Ich muß mich erst einrichten und einiges durcharbeiten." Er sehe sich vor allem als Initiator und Ideengeber: "Ich möchte, daß die Kunstsektion gut funktioniert, dem Ressortchef Vorschläge machen, Förder-Vergaben objektivieren."

Als Diplomat war er in Budapest, Zagreb und Belgrad tätig. In den Beziehungen Österreichs und der Tschechischen Republik gibt es derzeit Spannungen: "Ich würde diese momentane teilweise aufgeheizte Stimmung nicht überbewerten. Am Ende gibt es sehr viel, was uns verbindet. Wenn die mitteleuropäischen Länder in der EU sind, werden auch sie gelassener sein. Wir sind ein Wirtschafts-und Kulturraum, das ist doch ganz klar, rein geographisch. Mit Italien, das ein sehr selbstbewußtes Land ist, gibt es ja auch ein unbelastetes Zurückblicken auf die gemeinsame Geschichte."



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