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19.05.2006 - Kultur&Medien / Kommentare
Kunstlicht: Nürnberg gegen Klagenfurt
ALMUTH SPIEGLER

S
oll Maria Magdalena doch ne ben Jesus geschmaust haben oder nicht - es ist Zeit, den "Da Vinci Code" dorthin zu versenken, wo er hingehört: in den seichten Sumpf der Science Faction. Viel wichtiger ist doch, ob Frauen heute am Tisch der Macht Platz nehmen. Was selbst im Kulturbereich noch zu selten geschieht. Langfristig aber wohl nicht mehr aufzuhalten ist: Dienstagnacht wurde die Künstlerin Barbara Holub zur ersten Präsidentin der altehrwürdigen Secession gewählt. Gratulation!

Es gibt allerdings auch Meldungen, bei denen es in einer ersten Reaktion nicht nur Feministinnen die Haare aufstellt: Die in den letzten Monaten medial ausgetragene Leidensgeschichte der Nürnberger Kunsthistorikerin Andrea Madesta etwa, die locker das Zeug dazu hätte, Österreichs Kulturszene international als beispiellos provinziell bloßzustellen.

Seit 2004 leitet die Deutsche das Kärntner Museum der Moderne, für das sie sich vielleicht etwas naiv, ohne die nötigen Vorkenntnisse und Informationen, aber guten Mutes beworben hatte. Und am Anfang schien für sie auch alles recht gut zu laufen. Bis ihr, laut eigenen Angaben, Jörg Haiders Kulturpolitiker ab August 2005 ohne ersichtlichen Grund sukzessive die Kompetenzen entzogen.

Sie hätte heute weder Kontrolle über das Personal, noch über die Ankäufe, noch über das von 60.000 auf 560.000 Euro angehobene Budget, noch das Ausstellungsprogramm. Alle Entscheidungen, so Madesta, träfen Kulturreferent Martin Strutz und Haiders Ex-Sekretärin, Kulturamtsleiterin Erika Napetschnig - der es laut einem E-Mail nicht einmal peinlich ist, dass sie sich die Privatpost der Direktorin vorlegen lässt.

E
ine fast unglaubliche Geschich te! Laut Strutz jedoch alles nicht wahr: Er verstehe das Verhalten Madestas nicht, sie habe alle Voraussetzungen, um optimal arbeiten zu können: 16 Mitarbeiter, ein gut dotiertes Budget. Das Museum sei eben nicht ausgegliedert, sondern eine Unterabteilung der Kulturabteilung.

Es steht also Aussage gegen Aussage, Strutz lässt die Vorwürfe jetzt von der Landesamtsinspektion prüfen. Und: Er werde weiterhin seine Hand über sie halten. Was Madesta vielleicht nicht unbedingt beruhigt: Seit sie einen Golden Handshake abgelehnt habe, satte 100.000 € brutto, sei alles "noch schlimmer geworden", berichtet sie verzweifelt. An Kündigung denkt sie trotzdem nicht: Sie ist voll Hoffnung in die Zukunft, etwa auf eine Ausgliederung des Museums. Ab nächste Woche ist sie in Mutterschutz. Bleibt zu hoffen, dass diese Angelegenheit schnell und vor allem objektiv geklärt wird. Und sich nicht als "Zickenkrieg" (Strutz) entpuppt.

almuth.spiegler@diepresse.com

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