"Der Kandidat der Studenten wurde gewählt", betont
Wahlleiter Prof. Herwig Zens. Die Universitätsversammlung der Wiener
Akademie der bildenden Künste kürte Mittwoch den 50jährigen Stephan
Schmidt-Wulffen zum neuen Rektor. Der derzeitige Gastprofessor an der
Columbia University (New York) erhielt im zweiten Wahlgang 54 von 105
Stimmen.
Neben Schmidt-Wulffen waren im Dreiervorschlag: Michael
Herbst, interimistisch amtierender Akademie-Rektor und der Direktor des
Museums Abteiberg in Mönchen-Gladbach, Veit Loers. Insgesamt gab es 17
Bewerbungen.
Loers schied im ersten Wahlgang aus. In der Stichwahl
bekam Herbst 47 Stimmen. "Eine knappe Wahl", hieß es aus der Akademie. Die
Vizerektoren Herbst und Würtinger (ehemals Secessions-Präsident) könnten
im Amt verbleiben. Wann der neue Rektor antreten wird, ist ungewiß. Daß es
bald geschieht, wird gehofft. Schmidt-Wulffen folgt Boris Groys nach, der
als Professor in Karlsruhe keine Karenzierung erlangen konnte und daher
nach wenigen Monaten wieder zurücktrat.
Schmidt-Wulffen, der Theoretische Sprachwissenschaft,
Philosophie und Germanistik studiert hat, gilt als führender
Kunsttheoretiker. Zehn Jahre lang war er freier Journalist und
Kunstkritiker. Unter seinen Publikationen findet sich auch ein Katalog der
Kunstsammlung der deutschen Bundeswehr. Im Februar 2001 hielt er in
Hamburg einen Vortrag über "Entinstitutionalisierung der Kunst". "Er wird
vor allem viel Energie für das neue UOG brauchen, das schon Ende Juni in
Kraft treten soll und bei dem es noch viele Schwierigkeiten gibt", meint
Zens. Bei der Präsentation in der Akademie habe Schmidt-Wulffen aus dem
Stegreif ein brillantes Referat gehalten, nachdem er erfahren hatte, daß
es "bei uns nur ein Vorsingen gibt", erinnert sich Zens, auch Vorsitzender
des Kollegiums.
Daß von 108 Personen (Professoren, Mittelbau, Studenten,
Verwaltung) 105 gewählt haben, vier ungültig, ist für Zens, zuletzt oft
ein bissiger Kommentator des Akademie-Geschehens, ein Zeichen dafür, "daß
das Arbeitsklima besser geworden ist". Zens schätzt Schmidt-Wulffen als
Pragmatiker ein und glaubt nicht, daß es bei ihm ähnliche
Vertragsschwierigkeiten wie bei Groys geben werde: "Schmidt-Wulffen kennt
Wien und auch die Schlangengruben", so Zens. Schmidt-Wulffen amtiert
vorerst einmal drei Jahre. bp
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