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14.03.2002 - Kultur News
Deutscher Professor in USA wird Akademie-Rektor
Stephan Schmidt-Wulffen, ehemaliger Direktor des Hamburger Kunstvereins, wurde zum Rektor am Wiener Schillerplatz gewählt.


"Der Kandidat der Studenten wurde gewählt", betont Wahlleiter Prof. Herwig Zens. Die Universitätsversammlung der Wiener Akademie der bildenden Künste kürte Mittwoch den 50jährigen Stephan Schmidt-Wulffen zum neuen Rektor. Der derzeitige Gastprofessor an der Columbia University (New York) erhielt im zweiten Wahlgang 54 von 105 Stimmen.

Neben Schmidt-Wulffen waren im Dreiervorschlag: Michael Herbst, interimistisch amtierender Akademie-Rektor und der Direktor des Museums Abteiberg in Mönchen-Gladbach, Veit Loers. Insgesamt gab es 17 Bewerbungen.

Loers schied im ersten Wahlgang aus. In der Stichwahl bekam Herbst 47 Stimmen. "Eine knappe Wahl", hieß es aus der Akademie. Die Vizerektoren Herbst und Würtinger (ehemals Secessions-Präsident) könnten im Amt verbleiben. Wann der neue Rektor antreten wird, ist ungewiß. Daß es bald geschieht, wird gehofft. Schmidt-Wulffen folgt Boris Groys nach, der als Professor in Karlsruhe keine Karenzierung erlangen konnte und daher nach wenigen Monaten wieder zurücktrat.

Schmidt-Wulffen, der Theoretische Sprachwissenschaft, Philosophie und Germanistik studiert hat, gilt als führender Kunsttheoretiker. Zehn Jahre lang war er freier Journalist und Kunstkritiker. Unter seinen Publikationen findet sich auch ein Katalog der Kunstsammlung der deutschen Bundeswehr. Im Februar 2001 hielt er in Hamburg einen Vortrag über "Entinstitutionalisierung der Kunst". "Er wird vor allem viel Energie für das neue UOG brauchen, das schon Ende Juni in Kraft treten soll und bei dem es noch viele Schwierigkeiten gibt", meint Zens. Bei der Präsentation in der Akademie habe Schmidt-Wulffen aus dem Stegreif ein brillantes Referat gehalten, nachdem er erfahren hatte, daß es "bei uns nur ein Vorsingen gibt", erinnert sich Zens, auch Vorsitzender des Kollegiums.

Daß von 108 Personen (Professoren, Mittelbau, Studenten, Verwaltung) 105 gewählt haben, vier ungültig, ist für Zens, zuletzt oft ein bissiger Kommentator des Akademie-Geschehens, ein Zeichen dafür, "daß das Arbeitsklima besser geworden ist". Zens schätzt Schmidt-Wulffen als Pragmatiker ein und glaubt nicht, daß es bei ihm ähnliche Vertragsschwierigkeiten wie bei Groys geben werde: "Schmidt-Wulffen kennt Wien und auch die Schlangengruben", so Zens. Schmidt-Wulffen amtiert vorerst einmal drei Jahre. bp



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