Wiener Zeitung · Archiv


Kunstberichte
Ausstellung: Impressionismus

Albertina im Farblicht unter Sonnenschirmen

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Aufzählung Dank der Fondation Corboud – dahinter verbirgt sich der Schweizer Sammler Gérard Corboud – besitzt das Kölner Wallraf-Richartz-Museum den größten Bestand an impressionistischen Gemälden außerhalb Frankreichs. Ein Forschungsprojekt hat diese Bilder fünf Jahre röntgenologisch durchleuchtet und jeden Zentimeter unter dem Mikroskop untersucht.

Dabei fanden sich nicht nur eine alte Fälschung nach Claude Monet, sondern auch andere, kleine Sensationen. Deshalb ist die Wiener Variante einer Wanderschau "Impressionismus. Wie das Licht auf die Leinwand kam" speziell auf die Wissenschaft ausgerichtet.

Der rein gefühlsmäßige Sehgenuss dieser auf die Wahrnehmung ausgerichteten Malerei war einmal. Einige Korrekturen der Kunstgeschichte bereiten dem kuratierenden Direktor Klaus Albrecht Schröder besondere Freude. Deshalb wurden den Räumen kleine Labors oder Fotos der Farbhandlungen eingebaut, die erklären, wie eng sich die Maler an die Neuerungen von Physik und Chemie anschlossen. Sie verwendeten industriell hergestellte Pigmente, die bereits in Tuben angemischt waren, dazu vorgefertigte Leinwände, Pappelholz- oder Kartonplatten mitsamt transportabler Staffelei. Und mit einem Sonnenschirm wanderten sie ins Freie. Alle Prinzipien der Salonmalerei fielen jedoch nicht weg. Die entdeckten Unterzeichnungen zeigen Raster und Perspektivhilfe – Spontaneität war eben doch nicht alles.

Physik und Malerei

Der physikalisch-theoretischen Unterstützung haben sich aber vor allem die Pointillisten Paul Signac und Georges Seurat hingegeben. Danach hat Paul Cézanne die Analyse des Bildes bis fast zum Kubistischen vorangetrieben. Davor liegen Begegnungen mit den bekanntesten Impressionisten von Édouard Manet über Berthe Morisot und Edgar Degas bis hin zu Auguste Renoir und Henri de Toulouse-Lautrec, der schon in den Jugendstil überleitete.

In Gustave Caillebottes Gemälde mit flatternder Wäsche hat sich ein Pappelkorn eingeschlichen, was bedeuten könnte, dass auch große Leinwände im Freien gemalt wurden. Sicher ist es allerdings nur für die vielen Ölskizzen mit ihren Fehlstellen durch Befestigung am Malkasten.

Kritik gab es 1874 wegen der Konzentration auf Licht und Farbe in einer als unvollendet geltenden offenen Malstruktur. Themen wie farbige Schatten auf dem Schnee waren für das Publikum unverständlich. Doch sehr bald wurde aus angeblicher Fehlstellung der Augen eine "Schule des Sehens". Die ist als Strategie der Maler chronologisch und mit allen Details ihrer neuen Technik nachzu-

vollziehen. Aber: Wer partout nicht lernen will, kann sich auch nur dem sinnlichen Genuss hingeben.

Aufzählung Ausstellung
Impressionismus
Wie das Licht auf die Leinwand kam
Kuratoren: Klaus Albrecht Schröder und Heinz Widauer
Bis 10. Jänner 2010

Printausgabe vom Freitag, 11. September 2009


Kommentare zum Artikel:

11.09.2009 beschwingende Farbe
Zu Positivitaet und Lebensfreude regen die Impressionisten sicherlich an.Und wenn auch Albertina Direktor Schroeder das Eins werden wollen mit der Natur als "Utopie" bezeichnet, so ist dies wohl nur ein Zeichen dafuer, wie wenig sich der Mensch als An-Teil der Natur versteht... und desshalb weniger gluecklich bleibt.
fred
11.09.2009 Impressionismus
Die impressionistische Zeit wird bieder genannt und die Gemälde der ersten Phasen des Impressionismus finde ich tatsächlich langweilig und sozial unkritisch. Dennoch werde ich mir die Ausstellung sicherlich anschauen, weil viele Werke dort präsentiert sind.

Shirin
11.09.2009 Lernen mit Genuss
Der didaktische Hintergrund der Impressionismus Ausstellung macht die Schau zu einem ganz besonderen Erlebnis. Trotzdem wird der Genuss fürs Auge sicher nicht zu kurz kommen. Freu mich jedenfalls schon sehr darauf, einen teleskopischen Blick auf die Werke von Monet, Cézanne, Renoir und Co zu werfen.
Bernd S.
Kommentar senden:
Name:

Mail:

Überschrift:

Text (max. 1500 Zeichen):

Postadresse:*


* Kommentare werden nicht automatisch veröffentlicht. Die Redaktion behält sich vor Kommentare abzulehnen. Wenn Sie eine Veröffentlichung Ihrer Stellungnahme als Leserbrief in der Druckausgabe wünschen, dann bitten wir Sie auch um die Angabe einer nachprüfbaren Postanschrift im Feld Postadresse. Diese Adresse wird online nicht veröffentlicht.

Wiener Zeitung · 1040 Wien, Wiedner Gürtel 10 · Tel. 01/206 99 0 · Mail: online@wienerzeitung.at