Architektur

Blumen für die Harmonie

07. Juni 2010, 17:22
  • Artikelbild: Imposante Magistralen, Boulevards, gigantische Monumente und 
Plattenbauten. Pjöngjang in einer Wandmalerei im Eingangsbereich der 
Paektusan Academie of Architecture Pjöngjang.
Weiterlesen:>>> In Stein gemeißelte UnmöglichkeitDer sozialistische Totalitarismus und die Architektur - Von Ronald Pohl - Foto: Mak
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    Imposante Magistralen, Boulevards, gigantische Monumente und Plattenbauten. Pjöngjang in einer Wandmalerei im Eingangsbereich der Paektusan Academie of Architecture Pjöngjang.

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    >>> In Stein gemeißelte Unmöglichkeit
    Der sozialistische Totalitarismus und die Architektur - Von Ronald Pohl


Für Kim Il-sung war Pjöngjang ein aus Ruinen entstandenes "Paradies auf Erden" - Am Dienstag findet ein Vortrag über Mega-Architektur in Nordkorea statt

Wien - Pjöngjang ist eine der meistzerbombten Städte der Welt. Bis auf ein paar historische Überbleibsel blieb nichts stehen. Nach dem Koreakrieg (1950-1953) wurde die nordkoreanische Hauptstadt nach dem Vorbild chinesischer und sowjetischer Städte wiederaufgebaut - mit imposanten Magistralen und Boulevards, mit gigantischen Monumenten, vor allem aber mit einer Unmenge an Plattenbauten für eine Unmenge von Menschen.

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"Das Problem an Pjöngjang ist, dass die Stadt nach dem Krieg ursprünglich für zwei Millionen Einwohner konzipiert wurde" , sagt Jong Myong-ho , Oberarchitekt der Architekturakademie Pjöngjang. "Bei dieser Bevölkerungszahl sind wir in der Lage, Wohn- und Lebensqualität aufrechtzuerhalten. Alles, was darüber hinausgeht, stört die Harmonie." Heute zählt Pjöngjang fast 3,3 Millionen Einwohner. Ho Jong: "Wir kennen das Problem. Die Harmonie ist gestört."

Viel mehr ist aus dem Chefarchitekten nicht herauszuholen. Als er und zwei seiner Kollegen, Ok Pak vom Zentralkomitee des Bundes der Architekten Koreas und In So Pak von der Architekturakademie Pjöngjang, im November 2007 von der Galerie Aedes zu einer Vortragsreihe nach Berlin eingeladen werden, hält sich der verbale Output der streng gekleideten Herren in Grenzen. Es ist die erste Bildungsreise nach Deutschland, die offiziellen Architekturorganen der Volksrepublik je genehmigt worden ist. Und sie dient nicht zuletzt der Imagepolitur der Diktatur.

"In keinem Land der Welt entwickelt sich das Bauwesen so schnell wie in Nordkorea" , hatte der 1994 verstorbene Präsident Kim Il-sung in einer bis heute ideologisch maßgebenden Rede "Über die Baukunst" am 21. Mai 1991 festgehalten. Der Glaube ist nach wie vor aufrecht. Immer noch wird Pjöngjang als ein aus den Ruinen erstandenes "Paradies auf Erden" , als ein Gesamtkunstwerk der Moderne erachtet.

Hotel des Verderbens

Einige der herausragendsten Bauten Pjöngjangs sind in der aktuellen Ausstellung Blumen für Kim Il Sung im Mak zu sehen. Zum Beispiel der große Studienpalast des Volkes, das mit einem Fassungsvermögen von 150.000 Zuschauern größte Fußballstadion der Welt oder etwa die 170 Meter hohe Juche-Säule, die als das neue Wahrzeichen der Stadt gilt. Das Propaganda-Monument mit der steilen Flamme an der Spitze ist ein Entwurf des Chefarchitekten höchstpersönlich. "Die wichtigste Aufgabe der Architektur unserer Prägung ist die Würdigung der Taten des Führers" , sagt Jong Myong- ho kurz und bündig.

Nicht immer gereicht der Respekt bis zur Vollendung. Das 1987 begonnene Ryugyong-Hotel, eine dreiseitige Pyramide mit 105 Stockwerken und 330 Metern Höhe, stand jahrelang als halbfertiger Rohbau leer. Mittlerweile wurden die Bauarbeiten am Prestigeprojekt wieder aufgenommen. Bis 2012, zum 100. Geburtstag Kim Il-sungs, soll der Rohbau zumindest eingeglast und äußerlich beendet sein. Ob das "Hotel des Verderbens" - so der inoffizielle Name - jemals den Betrieb aufnehmen wird, ist allerdings fraglich. (Wojciech Czaja, DER STANDARD/Printausgabe, 08.06.2010)


Dienstag, 19 Uhr: Mak, Vortragssaal: "Blumen für Kim Il Sung - Zur Lesbarkeit der Raumproduktion in Pyongyang" mit Arno Brandlhuber und Christian Posthofen.

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4 Postings
Lenz von Topp & Takel
08.06.2010 11:10
Wien darf nicht Pjöngjang werden

Ist schon cool, dass die Google-Maps Satellitenbilder von Pjöngjang wesentlich besser als jene von Wien sind. Bin ja schon gespannt in welcher der zwei Städte es zuerst die Streetview geben wird...

08.06.2010 10:53
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[2]
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Man fragt sich schon, was die Motive jener Leute sind,

... die solche Regimearchitekten des stalinistisch-totalitären Nordkorea zu Vorträgen einladen.

Markus W   
08.06.2010 11:20
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[1]
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ich denk mir

da gehts um Ideen, Herangehensweisen und Offenheit diesen Leuten gegenüber, die diese Stadt für 2 Mio. Einwohner konzipiert haben.

Schottentor U-Bahn
08.06.2010 09:57

Die Harmonie in Pjöngjang lässt sich doch leicht wieder herstellen!

Einfach 1,3 Mio Einwohner in Arbeitslager auf dem Land stecken, und man ist wieder auf dem Level von 2 Mio.

So einfach ist das!

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