Das Kunststaulager Spoerri zeigt sehenswerte Arbeiten von Eva Aeppli
Besuch der alten Damen
|
Trotz ihrer Schlankheit dominant: Eva Aepplis Frauenfiguren in Hadersdorf am Kamp. Foto: Spoerri Museum
|
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
![Aufzählung Aufzählung](00088578-Dateien/wzfeld.gif)
Daniel Spoerri will dem Publikum im zweiten Jahr seines
"Kunststaulagers" in Hadersdorf am Kamp die Arbeit seiner vielen
international bekannten Freunde zeigen. Die erste ist eine besondere
Freundin, Eva Aeppli, die er vor 60 Jahren in Paris als erste Frau des
Schweizer Künstlers Jean Tinguely kennenlernte. Aeppli hatte in den
50er Jahren in der damaligen Kunsthauptstadt Paris versucht, das
mittellose Künstlerpaar durch das Nähen von Seidenpuppen zu er halten.
In einem Manifest des Kunstkritikers Pierre Restany wurden Tinguely
und Spoerri 1960 mit Arman (Armand Pierre Fernandez), César
(Baldaccini), Yves Klein und Martial Raysse zur losen Gruppe der
"Nouveaux Réalistes" verbunden. Sie kombinierten Dadaismus,
Surrealismus und Aktionismus – Spoerris "Eat-Art" dabei nicht zu
vergessen – und wandelten mit ihren Materialbildern aus Alltagsschrott,
Textil und Papier die Skulptur zur Objektkunst.
Zarte Gegengeschöpfe
Tinguelys zweite Frau Niki de St. Phalle und Aeppli gingen
spezifische Wege: Während Nikis "Nanas" bunt und üppig aus Kunststoff
entstanden, sind Aepplis schlanke, teils lebensgroße Figuren aus Stoff
zarte Gegengeschöpfe mit ausdrucksstarken Physiognomien. Die skurrile
Großausgabe ihrer frühen Puppen erinnern an barocke Experimente wie die
Köpfe von Franz Xaver Messerschmidt oder afrikanische Fetische.
Aeppli, 1925 in der Schweiz geboren, studierte 1943 bis 1945 in
Basel an der Kunstgewerbeschule, bevor sie 1953 ihre Heimat in Richtung
Paris verließ. Ihre künstlerische Arbeit begann mit Kohlezeichnungen
und gestickten Bildern, die sich dem düsteren Nachkriegsthema
"Totenreigen" widmen. Erst nach einigen Jahre Malerei wandte sie sich
eigenwilligen lebensgroßen Stofffiguren zu, welche zu ganzen
Installationen wie "Die schwarzen Witwen" angeordnet werden. Trotz
ihrer Schlankheit und der Seiden- und Samthülle dominieren sie die
Schauräume des ehemaligen Klosters in Hadersdorf mit eigenwilliger
Präsenz. Für die Ausstellung sind von vielen privaten Sammlern und
Museen, wie jenem Jean Tinguelys in Basel, Leihgaben gekommen.
Ironische Aufhellung
Kosmische, esoterisch angehauchte Welterklärungen bestimmen die
zuerst aus Stoffhüllen ab 1975 gefertigten Köpfe, die um 1990 in Bronze
nachgegossen wurden – die dabei sichtbaren Nahtstellen weisen eine
Ähnlichkeit mit den zeitgleiche "Lemuren" eines Franz West auf. Das
scheinbar Düstere im Inhalt wird dann auch bei Aeppli selbst in
Totenköpfen immer wieder durch ironische Aspekte und Collagen mit
Stiefmütterchen konterkariert.
Daniel Spoerri hat "Olga" – das fragile Geschenk der langjährigen
Weggefährtin, einen Kopf mit dazugenähten Händen auf Draht – mit einem
Blumenband geschmückt: Das Manifest einer starken Verbindung aus der
Zeit des Aufbruchs zu internationalen Höhen der Kunst von allen
Beteiligten. Schön, dass "Der Besuch der alten Dame" so nahe von Wien
(knapp eine Auto-Stunde) stattfindet.
Ausstellung
Eva Aeppli "erst letzt das erste.. ."
Daniel Spoerri, Barbara Räderscheidt (Kuratoren)
Kunststaulager Spoerri
Hadersdorf am Kamp, Hauptplatz Nr. 23
Printausgabe vom Dienstag, 30. März 2010
Online seit: Montag, 29. März 2010 16:21:00
Kommentar senden:
* Kommentare werden nicht automatisch veröffentlicht. Bitte beachten Sie unsere Regeln.
Die
Redaktion behält sich vor Kommentare abzulehnen. Wenn Sie eine
Veröffentlichung Ihrer Stellungnahme als Leserbrief in der Druckausgabe
wünschen, dann bitten wir Sie auch um die Angabe einer nachprüfbaren
Postanschrift im Feld Postadresse. Diese Adresse wird online nicht
veröffentlicht.