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"Cars" in der Albertina: Die Musen vom Pannenstreifen

21.01.2010 | 18:17 | ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

Werke von Andy Warhol, Robert Longo und Sylvie Fleury sind in "Cars" zu sehen. Alte Auftragsarbeiten für Daimler tragen aber noch lange keine Museums-Ausstellung. Auch wenn Warhol sein Letztes gab.

Die Sparflamme glost heuer in vielen Museen: Geschmort werden darauf am liebsten pflegeleichte Ausstellungen aus der eigenen Sammlung – also ohne teuren, aufwendigen Leihgabenverkehr. Zwischendurch wird mit einer ruhmheischenden Privat- oder Unternehmenssammlung gewürzt, eine selbst in internationalen Flaggschiffen immer stärker um sich greifende Unsitte, die von museumsunwürdiger kuratorischer Feigheit, Trägheit und Einfallslosigkeit spricht. Im Leopold Museum etwa ist heuer die Sammlung Beyeler, im Salzburger Museum der Moderne gleich eine Unzahl zu Gast, die Sammlungen des Museums Winterthur, von Annette und Peter Nobel sowie von Reinhold Würth.

Das große Los aber scheint die Sammlung Daimler gezogen zu haben. Gleich zwei Wiener Institutionen, unabhängig voneinander, nehmen sich der Kollektion des deutschen Autoherstellers an, immerhin eine der ältesten Firmensammlungen in Deutschland. Das Museum moderner Kunst zeigt den größeren und schwierigeren Teil daraus, „diskursive Malerei“, also Malerei, die sich mit Malerei beschäftigt, vorwiegend abstrakte und konzeptuelle Kunst.

 

Star-Porträts von Mercedes-Schlitten

Die Albertina – wen wundert es – setzt dagegen auf den einen großen Namen: Andy Warhol. Durch die Vermittlung des Düsseldorfer Kunsthändlers Hans Mayer bekam Warhol 1986 – zum 100-Jahr-Jubiläum der Erfindung des Automobils – den Auftrag, sozusagen Porträts von Mercedes-Schlitten zu schaffen. 20 verschiedene Typen sollten in 80 Bildserien so porträtiert werden, wie der Pop-Art-Star in seiner Spätzeit nach Bezahlung jedermann, jederfrau porträtierte. Acht Automodelle – von der Daimler Motorkutsche von 1886 bis zum futuristischen Versuchswagen Mercedes-Benz Typ C 111 von 1970 – hat Warhol dann schließlich in 32 Bildern in die Kunstgeschichte eingeschrieben. „Cars“ war eine der letzten (unvollendeten) Serien vor seinem überraschenden Tod im Februar 1987, nach einer Gallenblasenoperation.

Die Albertina zeigt jetzt dieses sicher interessante Auftragswerk – umrundet aber nicht etwa von anderen Warhol-Serien, die man damit in Verbindung bringen könnte: seine morbiden „Car-Crashes“ aus den frühen 60er-Jahren etwa. Oder seine gleichzeitige Serie nach einem kitschigen Gipsmodell von Leonardo da Vincis „Abendmahl“. Interessant wäre auch eine historische Rückschau auf das überraschend gemiedene Thema Auto in der Kunst gewesen. Spontan fällt einem dazu der maschinenverliebte Futurismus ein, insbesonders Filippo Tommaso Marinettis „Futuristisches Manifest“ von 1909: „Wir erklären, dass sich die Herrlichkeit der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat. Die Schönheit der Geschwindigkeit. Ein Rennwagen ist schöner als die Nike von Samothrake.“ Aber das klingt alles nach kuratorischem Aufwand.

Also beließ man es in der Albertina dabei, den Namen „Warhol“ groß auf ein Plakat zu knallen (auf den Beipackzetteln der Werke in der Ausstellung vermerkte man dafür nicht einmal die angewandten Techniken). Und der Einfachheit halber drei andere Auftragsarbeiten Daimlers zwischen den Warhol-Bildern zu arrangieren: Robert Longo ist zehn Jahre nach Warhol zum Auto-Porträt gebeten worden, es kamen die üblich bedrohlichen Kohlezeichnungen heraus. Vincent Szarek hat sich 2003 in die so verlockend glänzenden Autoteile verliebt und sie als abstrakte Polyurethan-Objekte verselbstständigt. Und Sylvie Fleurie steuerte 2005 mit mehreren langatmigen Videos politisch korrekt die Frage nach der Verbindung von Frauen, Autos und Konsum-Fetisch bei. Eine selten uninspirierte Ausstellung.


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