Mit einem "Tempel der Vernunft" wird das Kunstfestival "steirischer herbst" am 24. September in der Grazer Helmut-List-Halle eröffnet. Dort kann sich das Publikum selbst die Nebenräume und die verschiedenen Aktionen "erwandern und erschließen", so Intendantin Veronica Kaup-Hasler am Dienstag. Ebenfalls neu gestaltet wurde das Orpheum, das heuer als Festivalzentrum dient.
Das Orpheum ist derzeit nicht zu sehen, verstellt doch ein riesiges Regal in hellrot und lila den Blick auf die Fassade. Das Konzept "Schauhaus 09" stammt von Michael Rieper und Irina Koerdt und setzt sich auch im Inneren des Gebäudes fort.
Licht und Knallfarben
"Die Qualität von temporären Bauten wie diesem ist es, dass man Dinge machen kann, die sonst nicht erlaubt werden", so Rieper. Ein neues Lichtdesign lässt das Foyer erstrahlen, außerdem hat man versucht, viele Gestaltungssünden der letzten 25 Jahre rückgängig zu machen.
Eines der spektakulärsten Projekte wird sicher "Radio Muezzin" am
25. September im Festivalzentrum im Orpheum sein. Dazu werden vier
Muezzine aus Kairo nach Graz geholt, um dann in einer Art Dokumentation
als Hauptdarsteller einer Rekonstruktion ihres eigenen Lebens zu
fungieren. Anlass für der Projekt: Im kommenden Jahr will der
ägyptische Minister für religiöse Angelegenheiten den zentralisierten
Muezzin einführen. Nur noch dreißig auserwählte Ausrufer sollen per
Radio in alle Moscheen übertragen werden - tausende Muezzine
verstummen.
Ausstellung unter freiem Himmel
Neben den beiden Gebäuden spielt heuer auch der öffentliche Raum eine wichtige Rolle. So findet beispielsweise die "herbst"-Ausstellung "Utopie und Monument" am Platz der Freiwilligen Schützen vor dem Bad zur Sonne statt.
Mit dem öffentlichen Raum setzt sich auch das Projekt "TextBild MMIX" auseinander: Ein Klein-Lkw mit einem Display wird in der ganzen Steiermark unterwegs sein und immer wieder einen Satz irgendwo hin transportieren. Dabei werden steirische Künstler wie Olga Flor, Max Gad, Birgit Pölzl oder G.R.A.M. für die Texte verantwortlich zeichnen.
Gezeigt werden auch wieder zahlreiche Tanz- und Theaterprojekte: Der argentinische Regisseur Federico Leon bringt mit "Yo en el futuro" ein Vexierspiel um Generationen auf die Bühne, während Autorin, Regisseurin und Schauspielerin Lola Arias in "Mi vida despues" sechs argentinische Schauspieler zeigt, die ihre Jugend während der Militärdiktatur rekonstruieren.
Im Rahmen des "musikprotokolls" stehen neben dem Klavierprojekt "Seven Last Words" von Bernhard Lang auch Uraufführungen von Olga Neuwirth, Bernhard Gander, Rebecca Sounders und Johannes Maria Staud auf dem Programm.