wird im Online-Magazin des "Spiegel" als
internationale Blamage Österreichs abgehandelt. Fakt ist, dass die
Staatsanwaltschaft eine via Magazine und Kataloge frei zugängliche
Arbeit des Künstlers Jeff Koons, die Gottfried Bechtold im Bregenzer
Kunstterminal ausgelegt hat, im Hinblick auf eine Übertretung des
Pornographiegesetzes überprüft. Fakt ist auch, dass die
Berufsvereinigung bildender Künstler Vorarlbergs in dieser Causa
versagt hat.
Seit rund drei Monaten läuft ein Verfahren, das nicht nur vom
Anwalt Bechtolds als "tiefpeinliche Provinzposse" bezeichnet wird
und Österreich um gut hundert Jahre zurückwirft. Damals stand
nämlich jener Egon Schiele vor dem Kadi, der heute der
Österreich-Werbung als Aushängeschild dient und dafür sorgen soll,
dass möglichst viele Touristen den Weg ins neue Wiener
Museumsquartier finden, wo die schönsten Schieles - inklusive
Aktbilder - zu sehen sind.
Der Weltstar
Die Diskussion über sexistische Aspekte in der Kunst
darf freilich sein, auch jene über Webestrategien von Künstlern und
Ausstellungsmachern. Ist es doch Jeff Koons gelungen, sich mit der
Serie "Made in Heaven" ganz nach oben zu katapultieren. Er hatte die
Mediengesellschaft mit einer künstlerischen Aktion eingeholt. Er war
als Künstler ein Star, auch wenn Kunstsachverständige nicht immer
ganz einer Meinung waren. Während ihm 1992 der Eintritt zur
"documenta" in Kassel verwehrt blieb, wurde eine internationale
Ausstellungsreihe gestartet. Eine Station in der Nähe Vorarlbergs
war etwa die Staatsgalerie Stuttgart und dabei war auch die Serie
"Made in Heaven" mit Szenen aus dem Eheleben mit Ilona Staller.
Nachdem das Kind geboren war, dessen Zeugung sich hier anbahnte bzw.
scheinbar vollzog, wurde es ruhiger um Koons. Der, der die
Medienorgel so perfekt zu spielen verstand, wurde unversehens mit
der Kehrseite der Medaille konfrontiert. Scheidung und Streit ums
Kind interessierten die Gazetten. Koons Kunst erfuhr eine Zäsur,
wurde jedenfalls auch bieder, tauchte doch irgendwo in den Berichten
auch sein Vorwurf auf, seine Ex-Frau, also jene Frau, die ihm da
sich räkelnd zu Weltruf verhalf, sei nicht der richtige Umgang für
ein kleines Kind.
Blumen, Plüsch und Spielzeug dominieren nun die neuen Werkserien,
die das Kunsthaus Bregenz vergangenen Sommer zeigte. Mit ziemlichem
Werbeaufwand übrigens, denn immerhin gelang es, die deutsche Presse
- wohl auch mit dem Verweis auf die einzigartige Architektur von
Peter Zumthor - für Arbeiten zu interessieren, wie sie in ähnlicher
Anordnung kurz zuvor im Berliner Guggenheim-Museum zu sehen waren.
Diskussion beabsichtigt
Der Künstler Bechtold, der seit rund zehn Jahren seinen
Terminal am Leutbühel bespielt, reagierte darauf mit dem Auslegen
einer der erwähnten älteren Arbeiten. Um Koons' Blümchen und
Herzchen würde man sich heute nämlich weit weniger kümmern, wenn es
"Made in Heaven" nicht gegeben hätte. Solche Mechanismen wären
ebenso zur Diskussion gestanden, wie das Programm des Kunsthauses
überhaupt, wo es ja nicht nur darum gehen kann, im internationalen
Ausstellungsgeschehen mitzumischen, sondern die Menschen in der
Region sinnvoll mit Gegenwartskunst zu konfrontieren. Das Kunsthaus
hat sich auf diese Diskussion nicht eingelassen. Die
Publikumsreaktionen gipfelten in Anzeigen, denen die Beschlagnahmung
des Bildes bzw. der Zeitschrift mit dem Koons-Bild folgte.
Versäumnisse
Gottfried Bechtold erwartet nun der Prozess - oder die
Einstellung des Verfahrens. Was schwerer wiegt, als die
Teilnahmslosigkeit im Kunsthaus ist allerdings jene der
Künstlervereinigung. Der Interessenvertretung Vorarlberger Künstler
ist es offensichtlich Wurscht, was Künstlern im Land passiert. Kein
Statement, kein öffentliches Agieren - nichts. Derselben Vereinigung
war es zwar vor ein paar Monaten ein Anliegen, mit einem
Protestbrief (dem ersten seit Jahrzehnten) zu reagieren, weil ein
Kunstkritiker den Begriff "abgefackelt" in einer Rezension
verwendete, dass die Staatsmacht Kunst konfisziert und jener
Künstler, dem der Internationale Kunstpreis des Landes verliehen
wurde, mit perfiden Anschuldigungen aus der Bevölkerung konfrontiert
wird, hat noch keine Reaktion hervorgerufen. Der Vollständigkeit
halber sei erwähnt, dass es der erwähnte Kunstkritiker damals gewagt
hatte, einige Versäumnisse in der Künstlervereinigung aufzuzeigen .
. .
Gut, Bechtold dürfte die Künstlervereinigung vielleicht wirklich
nicht brauchen. Diese zumindest nicht.
Detail am Rande: Jene Arbeit, die nun aus dem aufgebrochenen
Kunstterminal beschlagnahmt wurde, gehört an sich der Stadt Bregenz.
Die Errichtung des Terminals geht auf die Überreichung des
Wacker-Preises an Bechtold zurück. Das Konzept sieht vor, dass das
dort ausgestellte künstlerische Material jeweils in den Besitz der
Landeshauptstadt übergeht.
Kunstterminal in Bregenz.