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Die Braut trägt Bart
(cai) Wo leben die Grazien? Na,
in Graz. Das sind dieWeibchen. Und die Männchen sind die Grazer. Äh,
soll das ein Steirerwitz sein? Nein, nicht dass ich wüsste. Doch seit
ich die Bilder von Christy Astuy gesehen hab’, bin ich eben ein bissl
verwirrt, wenn’s um Fragen der Geschlechtszugehörigkeit geht. Die
Malerin spielt nämlich mit ihren Barbiepuppen wie Dr. Frankenstein mit
seinen Leichen. Sie reißt ihnen die Köpfe ab und ersetzt sie durch die
von richtigen Kerlen. Oh, Geschlechtsumwandlung durch
Schädeltransplantation. Originell. (Die transsexuellen Barbiebuben
gibt’s komischerweise noch nicht im Spielzeuggeschäft.)
Wie nennt man eigentlich die männliche Barbie? Ach, das
ist jetzt leicht: Ken. Oder doch Barbier? Egal. Die Männlein sind in
diesen süßsauren Phantasien sowieso fast allesamt Weiblein. Liebenswert
groteske Transvestiten, die denselben Kleidergeschmack haben wie ein
Blondinenwitz. (Tja, Barbies Reich ist ein kapitalistisches
Matriarchat.) Ein unrasierter Bursch hat ein Brautkleid an. Bitte? Das
grenzt ja bereits an Bräutigamie! (Bräutigamie? Was soll denn das sein?
Keine Ahnung. Aber es klingt bedeutungsvoll.) Und wenn über einem
schlafenden Jüngling eine Wolke schwebt (mit einer Madonna drauf, die
Strapse trägt), ist das garantiert eine Allegorie über feuchte
Männerträume. (Warum? Handelt es sich etwa um eine Regen wolke?)
Diese herrlich überzeichneten, hocherotischen Scheinidyllen sind
womöglich feministischer Galgenhumor. Weil das Patriarchat ja doch
gewinnen wird. Dagegen sind die Zeichnungen von Michela Ghisetti, die
mit ihren Buntstiften riesige Formate bewältigt, umwerfend sachlich. So
hyperrealistisch, dass einem die Spucke wegbleibt. (Nicht dass man die
Bilder anspucken möchte.) Zwei Mäderln haut’s hin. Die Pubertät ist halt
rutschig. (Quasi.) Und der Teddy mit der Vagina? Ist wohl nicht das
Maskottchen einer heilen Kindheit.
Galerie Elisabeth Michitsch
Opernring 7/12, 1010
Wien
Christy Astuy / Michela Ghisetti, bis 23. September
Mo. –
Fr.: 10 – 18 Uhr
Somnambule Eisbären
(cai) Ein abstraktes Bild zu
malen, ist praktisch unmöglich. Wieso? Man muss doch bloß ein bissl
klecks und schmier machen. Ja, doch dann erkennen wir erst recht wieder
irgendwas. Weil wir zwar mit den Augen schauen , sehen
tun wir aber mit dem Hirn. Und meins würde nicht einmal vor einem
komplett schwarzen Gemälde kapitulieren. (Jö, ein somnambuler Eisbär
irrt durch die Polarnacht, also einer, der im Winterschlaf
schlafwandelt!) Der Florin Kompatscher hat sich echt nicht sonderlich
angestrengt, total weltfremde, sinnlose Bilder abzuliefern. Gut, er
rumort in der Farbe sehr abwechslungsreich und gschmackig herum,
spachtelt, schabt, lässt es rinnen. Trotzdem: Das sind eindeutig
Landschaften. Ein Tiroler Gebirgsdorf im Regen. Und das opulenteste Opus
(mit "Ejakulation"): ein Vulkanausbruch am Meer. Ach, was soll’s. Von
der gemalten Natur kriegt man eh keinen Heuschnupfen.
Galerie Strickner
Fillgradergasse 2/7, 1060 Wien
"Die
Scherbe des Himmels", bis 16. Oktober
Di. – Fr.: 16 – 19 Uhr, Sa.:
11 – 13 Uhr
Von Blumen fernhalten!
(cai) Das Schlimmste, was man
diesen Reliefs antun könnte, wäre, sie vor eine Blümchentapete zu
hängen. (Als würde man der Aphrodite von Knidos ein Dirndl anziehen.)
Die sparsamen Konstruktionen aus Geraden, Kurven und Winkeln verdecken
ja kaum was vonder Wand. Gottfried Honegger biegt Streifen aus Eisen und
spannt in diese strengen "Zeichnungen" immer nur eine einzige kleine
Farbfläche rein. Mit den Schatten wird das Ganze zum sinnlichen Kalkül.
Sauber.
Artmark Galerie
Singerstraße 17, 1010 Wien
Gottfried
Honegger, Bild-Objekte, bis 16. Oktober
Do., Fr.: 13 – 18 Uhr, Sa.:
11 – 15 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 15.
September 2010
Online seit: Dienstag, 14. September 2010 16:26:00
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