Der österreichische Wissenschaftsjournalist Johann
Baptist Rupprecht berichtete als erster in der "Wiener Zeitung" über die
Fixierung eines Lichtbilds auf Silberplatte durch Louis Jacques Mandé
Daguerre. Diesem und Nicéphore Niépce war 1839 nach langen Versuchen die
chemische Fixierung der seit Jahrhunderten bekannten Bildprojektion in der
Camera obscura gelungen.
Die Daguerreotypie ist ein Unikat, das ein unbestechlich genaues
Lichtbild seitenverkehrt auf einem Silberspiegel wiedergibt. Abzüge auf
Papier wurden erst später durch das im gleichen Jahr entwickelte
Negativ-Positiv-Verfahren des englischen Privatgelehrten Henry Fox Talbot
möglich.
Verkaufserfolg Foto
Die ersten Fotografen waren keine Künstler, sondern Wissenschafter, und
die Technik verbreitete sich trotz Zensur rasend schnell in Österreich.
Denn auch der strenge Staatskanzler Clemens Fürst Metternich war ein
Befürworter und Sammler – von ihm wurde der Akademieprofessor Andreas von
Ettingshausen nach Frankreich gesendet. Dieser kam mit Kamera und Platten
zurück und hatte das Verfahren von Daguerre selbst gelernt. Ärzte,
Chemiker und Physiker fanden sich in der Folge in der "Fürstenhofrunde",
einem Vorläufer der Akademie der Wissenschaften, zusammen, an die das
Polytechnikum, der Vorläufer der Technischen Universität mit seinen
Labors, angeschlossen wurde.
Von dieser Ingenieursakademie nahmen alle neuen Errungenschaften wie
das Gaslicht, die Elektrizität und auch die Fotografie ihren Ausgang.
Die Albertina besitzt heute 450 Daguerreotypien aus der Frühzeit –
hervorzuheben sind seltene Themen und das Exemplar einer Kombination mit
Mikroskop von Ettingshausen, das auf die spätere künstlerische Entwicklung
des Mediums vorausweist.
Zwischen 1840 und 1850 verbesserte man das Verfahren –
Belichtungszeiten von bis zu einer halben Stunde wurden minimiert. Der
Optiker Friedrich Voigtländer und der Mathematikprofessor Maximilian
Petzval konstruierten eine neue, vereinfachte Kamera. Der Professor aus
der "Fürstenhofrunde" musste zusehen, wie Voigtländer binnen vier Jahren
nach dem Verkauf von siebentausend Exemplaren zu Reichtum gelangte, ohne
ihn zu beteiligen.
Rare Landschaften
Trotz Kommerzialisierung und Streit blieben die Daguerreotypien der
Frühzeit glücklicherweise im Polytechnikum erhalten – sie gingen später
als Lehrobjekte in den Besitz der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt
über und von dort an die Fotosammlung der Albertina.
Da das Porträt natürlich am meisten Interesse fand, sind die ersten
Landschaften, Stadtansichten, Interieurs und Totenbilder von Kindern
ausgefallene Bespiele, die für die aktuelle Schau der Albertina auch durch
Leihgaben ergänzt wurden. Aktbilder lagen den Österreichern aber nicht –
sie blieben französische Domäne.
Neue Forschungsergebnisse des Teams um Kuratorin Monika Faber
ermöglichen in vielen Fällen sogar Zuschreibungen an Personen und
Ateliers. Eine Herausforderung war die Schau aber auch für den Architekten
Walter Kirpiscenko, denn die alten Silberplatten spiegeln und vertragen
kaum Licht. Sie werden deshalb in japanisch anmutenden, beleuchteten
Vitrinengehäusen schräg aufgestellt und hinter reflexfreiem Glas
präsentiert.
Pioniere der
Daguerreotypie
in Österreich
Monika Faber,
Maren Gröning (Kuratoren)
Albertina
Bis 19. November
Interessanter Rückblick.
Donnerstag, 21. September
2006