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22.01.2003 - Ausstellung
AUSGESTELLT IN WIEN von JOHANNA HOFLEITNER


Charim Galerie. Wie Helme sehen die rohgeformten Köpfe aus, die Valie Export auf 60 schlanken Stelen über den Raum verteilt hat, hart und weich zugleich in ihrer Materialität aus Wachs, Aluminium, Bronze. Anstelle des Gesichts klafft ein Loch. Symbol der Wehrlosigkeit? Oder Öffnung für einen stummen Schrei, der diesen Stellvertretern entfleuchen möchte? Angesichts der Horrorbilder aus dem Kriminalarchiv, die inmitten der Installation über einen Videoscreen flackern? Es könnte aber auch das Wimmern sein, welches aus einem Nebenraum ertönt: Sechs Monitore zeigen eine Stimmritze in Großaufnahme, offen wie eine Wunde. Und um der Anatomie nochmals zuleibe zu rücken, hängt an der Wand eine Computer-Überarbeitung eines medizinischen Stichs. Valie Export macht es dem Besucher nicht leicht mit dieser Schau, die vor Figürlichkeit strotzt - ein bislang ungewohnter Aspekt ihrer Arbeit. Sie konfrontiert ihn mit Anspielungen auf Gewalt, Terror, Unterdrückung, zeigt aber auch die Verletzlichkeit des Individuums auf. Eine unkomfortable Ausstellung, die zum Nachdenken zwingt. In ihrer inhaltlichen Stringenz liegt ihre Größe (I., Dorotheergasse 12/1. Stock; bis 28. Februar).

Galerie Chobot. Eine nützliche Lektion in Sachen Wiener Kunstgeschichte erteilt diese Retrospektive über die Künstler (und Jazzer) rund um die Galerie zum Roten Apfel. Im kurzen Bestehenszeitraum, 1959-1965, grenzten sich Karl Anton Fleck, Martha Jungwirth, Walter Malli, Drago J. Prelog, E. Thage, Harun Ghulam Barabbas und andere heute Vergessene selbstbewußt von den tonangebenden Phantastischen Realisten und den Abstrakten der St.-Stephans-Galerie ab. Zwar mögen manche Werke heute bieder erscheinen, andere hingegen beeindrucken durch ihre Balance, Genauigkeit oder Explosivität (I., Domgasse 6; bis 21. Februar).

Galerie Mezzanin. Wie junge Künstlerinnen mit Video umgehen, zeigt "Bearbeitete Blicke": Mit ihrem Loop eines stillen Gewässers betreibt Flora Watzal eine Dekonstruktion des bearbeiteten Bildes. Anne Speier bricht im Kurzfilm "Casting" die Logik filmischer Abfolge und ersetzt sie durch eine verwirrende Atmosphäre angespannter Intensität. Deutlicher dann Rebecca Carter, die in einem in Einzelfelder zerlegten Video über Badende Strategien des begehrenden Blicks analysiert (VII., Karl Schweighofergasse 12; bis 2. Februar).



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