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Moffatt kann mit Matthew
Barney verglichen werden, beide perfektionieren die Inszenierung,
verschlingen die unterschiedlichsten Bilderquellen zu suggestiven
Bildwelten, spielen mit Selbstauftritten und arbeiten mit einem ganzen
Stab von Mitarbeitern. Aber anders als Barney scheint sich die Künstlerin
nicht hedonistisch in ihre oppulente Bildwelt zu verlieben, sondern sich
selbst vor der flüchtigen Weite zu fürchten. ‹Night Cries: A Rural
Tragedy›, 1989, erzählt unglaublich beeindruckend von der farbigen
Tochter, die ihre sterbende Adoptivmutter in einer Mischung aus Hass und
Liebe pflegt. Im surrealen Bühnenbild mit überzeichneten Farben bewirkt
die Inszenierung zugleich enge Beklemmung und weit ausladende Traumtiefen.
Die Szenen sind getragen vom permanenten Wechsel zwischen Erinnerung,
Alptraum und politischer Gegenwart – der Künstlerin, der Filmhelden,
vielleicht auch der Zuschauer. Diese Komplexität erreicht noch eine
weitere Facette der Faszination in Moffatts Fotografien bzw. Fotoserien.
Wie die Filme spielen auch die Fotografien unmissverständlich mit dem
Moment der Inszenierung. Erinnert ‹Something More›, 1989, darin noch kurz
an Cindy Sherman, ‹Scarred for Life›, 1994, oder an Jeff Wall, wird
gleichzeitig absolut deutlich, dass hier die Inszenierungen einem anderen
Zweck dienen: Die Momente werden nicht realitätsnah, sondern entrücken,
werden verschwiegen-traumhaft fern. So erzählerisch die Bilder auch
angelegt sind, über dem letzten Schritt des Verstehens liegt ein Schleier.
Biographische Details, filmgeschichtliche Zitate, Erinnerungen und
traumähnliche Visionen treffen aufeinander, ohne eins zu werden. Die
Rollschuhfahrerinnen in ‹Guapa (Goodlooking)›, 1995, agieren im Raumlosen,
scheinen aus einer ortlosen Erinnerung aufzutauchen. Die Figuren und
Szenarien wechseln zwischen zwei parallelen Erinnerungen, Zeiten,
Bildwelten. Die Zwei-Farben-Sprache der 25 Fotografien von ‹Up in the
Sky›, 1997, suggeriert parallele Geschichten, vielleicht Erinnerung,
Gegenwart oder Dokumentations- und Erzählwirklichkeit. Nonnen, ein
farbiges Baby im Arm der weissen Frau, raufende Männer, Mad Max-ähnliche
Arrangements, Mythenanklänge – gerade ‹Up in the Sky› legt es sehr nahe,
über Tracey Moffatts Aborigines-Herkunft zu spekulieren, aber es wäre eine
Verkürzung, ihre Bildwelten als australientypisch zu kategorisieren.
Moffatts Bilder ziehen uns in eine anspielungsreiche, aber geographisch
unspezifische, unendlich fremde Welt. Württembergischer Kunstverein
Stuttgart, bis 21.6., Kunsthalle Wien bis 7.6.
Bis 7.6.1998
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