Salzburger Nachrichten am 7. Oktober 2005 - Bereich: Kultur
Genuss kommt vor Besitz

Privatsammler aus Österreich zeigen im Museum Moderner Kunst im Wiener Museums- quartier ihre Schätze unter dem Motto "Entdecken und Besitzen". Das Mumok in Wien zeigt Kunstwerke aus privaten österreichischen Sammlungen

Wien (SN-hkk). Das Museum Moderner Kunst in Wien (Mumok) setzt seine über das gesamte Jahr konzipierte Initiative zum Thema Sammeln fort, indem es Einblick in jene Sammlungen gewährt, die Privatpersonen in Österreich zusammengetragen haben. Die Ausstellung "Entdecken und Besitzen" wird heute, Freitag, eröffnet.

Obwohl das internationale Phänomen des Sammlungsbooms in den vergangenen Jahren auch Österreich ergriffen habe, herrsche noch immer die Meinung vor, es gebe hier zu Lande eigentlich keine bedeutenden privaten Kunstkollektionen, erläuterte Mumok-Direktor Edelbert Köb bei einem Pressegespräch am Donnerstag. Die aktuelle Schau soll diesen Irrtum widerlegen. Kuratorin Eva Badura-Triska ist in einjähriger Recherchearbeit auf über hundert interessante heimische Sammlungen gestoßen und hat nach den Kriterien von Qualität, Internationalität, Unterschiedlichkeit und der Stringenz des Sammlungsprofils zehn davon ausgewählt.

Über vier Ebenen, jeweils in einem eigenen Raum, werden die Sammlungen präsentiert und ihre Eigentümer in Videos porträtiert. An 400 ausgestellten Kunstwerken ist zu beobachten, was und wie Privatpersonen in Österreich sammeln. Zu sehen sind Malerei, Zeichnungen, Skulpturen, Installationen, Video- und Fotoarbeiten vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart.

Der jüngste unter den Sammlern, der 31-jährige Dirigent und Pianist Michael Klaar, unter anderem mit einer Serie von Gemälden von Walter Obholzer vertreten, hat schon mit 13 angefangen, Kunst zu kaufen, mit einem Schwerpunkt auf internationalen konzeptuellen, minimalistischen Tendenzen. Auf die Frage, warum er sammle, zitiert Michael Klaar Beaumarchais: "Für jede Art von Gütern gilt der Besitz nichts, der Genuss aber alles."

Ähnlich ausgerichtet ist die Auswahl aus der Sammlung von Sigrid und Franz Wojda.

Der Kunsthändler Philipp Konzett hat sich auf den Aktionismus konzentriert und zudem Werke von Joseph Beuys, Daniel Buren und Andy Warhol zusammengetragen.

Heinz Ploner, Controller in medizinischen Unternehmen, umgibt sich offenbar gern mit abstrakter österreichischer Malerei sowie mit Arbeiten von Eugène Leroy und Henri Michaux. Was ist Sammeln? "Abenteuer und Erlebnis in einem sehr umfassenden Sinn", erläutert Ploner. "Es geht weit über die Begriffe ,Entdecken‘ und ,Besitzen‘ hinaus." Interessant sei das Verstehen von Kunstwerken und Künstlern und die Verfolgung einer Entwicklung.

Der Wiener Rechtsanwalt Ernst Ploil hat mit österreichischer Kunst begonnen und dann mit amerikanischer Kunst ab 1960 - wie Arbeiten von Barnett Newman, Joe Baer und Elisabeth Peyton - weitergemacht.

Horst Köhn, Facharzt für Innere Medizin und Nuklearmedizin in Wien, hat seit den 90er Jahren junge Kunst aus New York, Los Angeles, London und Berlin gesammelt. Im Mumok zeigt er Arbeiten von Mike Kelley, Paul McCarthy, Tony Oursler und Hiroshi Sugito.

Morgen, Samstag, findet von 11 bis 19 Uhr im Mumok ein Symposium statt, in dem Sammler, Museumsdirektoren, Galeristen und Kunsttheoretiker diskutieren. Information: www.mumok.at