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24.06.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Charim Galerie: Fälschung I
Im Mittelpunkt der Kunst von Lisl Ponger steht die kritische Beschäftigung mit dem westlichen Blick auf fremde Kulturen. Bei ihren neuesten Fotoarbeiten erkundet die Wienerin, wie sich Künstler zum Kolonialismus verhalten haben. Für den Zyklus "If I was an Orientalist today" reiste die Documenta11-Teilnehmerin nach Damaskus, Kairo und schoss dort Sujets, die an historische Gemälde eines verheißungsvollen Morgenlands erinnern. Bei genauerem Hinsehen hat die schöne Leserin vor antiken Säulen aber klobige Bergschuhe an, die Sphinx entpuppt sich nur als Attrappe eines ägyptischen Filmstudios (je 3000 €). Auch Emil Noldes Faszination für "primitive" Kunst und Leni Riefenstahls Porträtfotos der sudanesischen Nuba dienen Ponger als Stoff für Paraphrasen. Die Künstlerin unterläuft mit ihren "Fakes" humorvoll die europäische Sehnsucht nach Exotik und Ursprünglichkeit, die sie nur zu gut versteht. Die Arbeit "Wild Places" (5.500 €), das eingängigste Bild der Schau, gehört zu keiner Serie. Es zeigt einen tätowierten Unterarm, in dem die eingeritzten Wörter "Missionar", "Söldner", "Ethnologe" und "Tourist" wie die Namen verflossener Geliebter durchgestrichen sind - einzig "Künstler" ist noch aktuell. (bis 17. Juli; Dorotheergasse 12, Wien 1)
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