VN Sa, 6.10.2001

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Kultur 

"Hard and Light" im Künstlerhaus

Österreichische und türkische Kunst von Rhomberg, Boztepe, Karamustafa und Altindere

Bregenz (VN-ag) Wenn sich der Kunstbetrieb auf die USA und auf Westeuropa konzentriert, dann gerät der Rand Europas leicht aus dem Blickfeld. Diesem Umstand einer unausgeglichenen Konzentration versucht das in Wien lebende Künstlerpaar Miriam Rhomberg und Tuncay Boztepe Rechnung zu tragen. Mit Gülsün Karamustafa und Halil Altindere haben sie zwei türkische Künstler zu einer Ausstellung ins Künstlerhaus eingeladen, die zwar im internationalen Kunstgeschehen verankert, aber paradoxerweise kaum bekannt sind.

Dass die Gegenüberstellung von türkischen Gegenwartskünstlern mit einem in Österreich lebenden Künstler türkischen Ursprungs (Tuncay Boztepe) und einer österreichischen Künstlerin (Miriam Rhomberg) nicht zum Showdown der Nationalitäten gerät, sondern einfach vier unabhängige, spannende Positionen internationaler zeitgenössischer Kunst präsentiert, dafür sorgt der universale Anspruch, dem sich jeder der vier für sich verpflichtet fühlt. Boztepe: "Die Künstler(innen) aus der Türkei verkörpern sowohl die Internationalisierung der dem Land immanenten Aspekte auf der künstlerischen Ebene (Altindere) als auch die Sprengung der verengten Geschichtsschreibung über ,Exotismus`, ,Orient` und ,Feminismus bei den Patriarchen' auf eine installative und konzeptive Art und Weise (Karamustafa)." Ein geheimnisvolles Zeichen auf halbem Weg in den Keller, weitere Symbole an Wänden und Decke im Keller und dazu ein Video, dessen einfache Geste (es zeigt ausschnitthaft eine Frau, die eine Vitrine mit allerlei Sammmlerstücken öffnet) sich ins Fünffache multipliziert zum Ritus steigert. Begeistert von der Atmosphäre des Kellers, habe sie speziell für den Ort einen Topos umgesetzt, der sie schon längere Zeit beschäftigte, erklärt Gülsün Karamustafa den Hintergrund ihrer suggestiven Installation "Witchcraft" ("Hexerei"). Dunkel, mystisch, das Natürliche mit dem Übernatürlichen konfrontierend weiß diese Hexerei zu bezaubern.

Identitätsfindung

"Ich und die Anderen" nennt die Vorarlbergerin Miriam Rhomberg einen neuen Zyklus von Arbeiten, mit dem sie wieder zum Textilen zurückkehrt. Nicht in Form von Applikationen, sondern als Inkjet-Druck auf Stoff, thematisiert sie über die digitale Bearbeitung von Porträts Identitätsfindung als primäre Auseinandersetzung mit sich selbst. Der Betrachter wird in diesen sehr malerisch wirkenden, nahe dem Film angesiedelten Arbeiten zum Gegenüber, er reflektiert die ausgeblendeten "Anderen".

Den Dingen das Dingfeste nehmen und die Beziehung zwischen künstlerischer und alltäglicher Wirklichkeit zu entmystifizieren, ist das künstlerische Anliegen von Tuncay Boztepe. Am Computer generierte Bilder, Materialien wie Plexiglas und die Elemente Luft und Wasser kommen ihm da gerade recht, wenn es darum geht, dem Entmaterialisierten in konkreter Form gerade so viel Gestalt zu verleihen, dass nur noch ein abstraktes Gebilde übrig bleibt. Mit einem Video, das die Bilder liefert, und einer sehr ästhetischen Installation verhilft er dem Betrachter zu subtilen, sekundenbruchteilartigen Déjà-vu-Erlebnissen, die letztlich aber mehr verbergen als sie offenbaren. Drei kurze Videoarbeiten zeigt der kurdisch-türkischstämmige Halil Altindere. Neben "me, not me, but me not" und "techno sapiens" ist es vor allem das etwas über eine Zigarettenlänge dauernde Video "Hard and Light", das das Zeug zum Kult hat. Gleichzeitig befreit Altindere hier seine Kunst von der Last, politische Botschaft sein zu müssen. "Hard and Light" ironisiert das Zusammentreffen von Mann und Frau an einem Tisch. Reduziert auf das Spiel ihrer mit Rauchen beschäftigten Hände, wird die Anmache am Ascher untermalt von sich steigernder Musik. Während sich die Spannung verdichtet, nehmen zwei lustige, aus Tschickschachteln gebastelte Figuren im Rhythmus der Musik das weitere Geschehen des Abends schon vorweg.

Künstlerbegegnung: hier mit Arbeiten von Boztepe, Rhomberg und Karamustafa. (Fotos: A. Grabher)




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