29.08.2001 21:42:00 MEZ
Das Ziel: Nicht weniger Budget
Der Wiener SP-Kulturstadtrat, Andreas Mailath-Pokorny, verspricht den Erhalt

Andreas Mailath-Pokorny steht ein heißer Herbst bevor: Der Wiener SP-Kulturstadtrat muss gegen drohende Budgetkürzungen kämpfen und auch sonst etliche Entscheidungen treffen. Dem Künstlerhaus verspricht er dessen Erhalt.

Wien - Seit vier Monaten ist Andreas Mailath-Pokorny, der am 27. April als Wiener Kulturstadtrat angelobt wurde, im Amt. Geändert hat sich noch nicht viel: In seinem Büro sitzt man auf den gleichen Sesseln wie zu Ursula Pasterks Zeiten. Nur sind sie mittlerweile ein wenig abgewetzt.

Auch mit Taten trat Mailath bisher nicht wirklich in Erscheinung: Er ernannte über den Sommer bloß die neue Leitung des Theaters der Jugend. Nun aber hat die Startphase ihr jähes Ende gefunden. Denn demnächst beginnen die Budgetverhandlungen mit Finanzstadtrat Sepp Rieder. Und die Aussichten sind nicht wirklich rosig: Als Ziel steckt sich Mailath, für die Kultur "nicht weniger" Geld zur Verfügung zu haben als sein Vorgänger Peter Marboe.

Aber selbst wenn ihm das Husarenstück, die drohende Kürzung abzuwenden, gelingen sollte, wird es eher eng.

Schließlich ist Mailath mit einer Menge neuer Finanzierungsnotwendigkeiten konfrontiert. So soll der jüngst restituierte Nachlass von Johann Strauß zurückgekauft werden, was sich ersten Schätzungen zufolge mit 60 bis 80 Millionen Schilling zu Buche schlagen dürfte. Die Bespielung des Rabenhofs wird sich nicht unter zehn Millionen Schilling im Jahr bewerkstelligen lassen. Und es fehlt noch immer die Finanzierung für die Errichtung und den Betrieb des Kindertheaterhauses im Museumsquartier: "Ich habe diesbezüglich in der Tat nur eine politische Absichtserklärung übernommen."

Lebensversicherung

Zudem hat sich Mailath zu einem Versprechen hinreißen lassen, das dem Künstlerhaus - es kam in eine finanziell bedrohliche Situation, weil das Kulturministerium den Mietvertrag über sechs Monate im Jahr für die Präsentation von Ausstellungen der Bundesmuseen auslaufen lässt - ein Überleben garantieren soll: "Die Stadt Wien wird mit zusätzlich zwei bis vier Millionen Schilling zu den bisherigen zwei Millionen an Projektförderung einspringen."

Ohne Junktimierung mit Aktivitäten des Bundes, wie ursprünglich von Mailath vorgesehen? "Ja. Aber natürlich wäre es sinnvoll, wenn der Bund für Gespräche zur Verfügung steht: Wie gewährleisten wir, dass wir über das Angebot der Stadt Wien hinaus zu einer Gesamtsumme kommen, mit der die Arbeit des Künstlerhauses in vollem Umfang gewährleistet ist?"

Diesen Herbst werden von Mailath aber noch viele weitere Entscheidungen gefällt werden müssen: Die Nachfolge von Hellmuth Lohner, dem Direktor des Theaters der Josefstadt, steht ebenso an wie die Leitung des Rabenhofs, um die sich Karl Welunschek bewarb: Die Ausschreibungsverfahren laufen. Und das Kindertheaterhaus will Mailath noch vor Weihnachten ausgeschrieben und besetzt wissen.

An der von Marboe übernommenen und zum Diktum erklärten Gepflogenheit, Posten auszuschreiben, hält Mailath fest, auch wenn Josefstadt-Gesellschafter Robert Jungbluth ein Gutachten vorlegte, nach dem ein solches Verfahren nicht zwingend sei.

Mailath stützte sich auf das Stellenbesetzungsgesetz, unter das Unternehmen, die von der öffentlichen Hand wirtschaftlich beherrscht werden, fallen: "Wenn ein Betrieb wie die Josefstadt zu zwei Drittel von öffentlichen Mittel lebt, dann ist das sehr wohl eine wirtschaftliche Beherrschung", sagt Mailath. Er hält aber nichts davon, "sich mit juristischen Gutachten zu bekriegen. Weil es um eine moralische Kategorie geht."

Diese Moral dürfte allerdings nicht weit verbreitet sein: Jüngst wurde, wie berichtet, der Vertrag von Rudi Klausnitzer, dem Chef der Vereinigten Bühnen, bis 2007 verlängert - ohne Mailath in die Verhandlungen einzubinden oder ihn über das Ergebnis zu informieren. Auf dieses unrühmliche Kapitel will der Kulturstadtrat daher auch nicht groß eingehen: "Ich kenne die Vertragsinhalte nicht. Ich weiß auch nicht, ob Klausnitzers Prämien gekürzt worden sind. Mir wäre es lieber gewesen, wenn man den Job ausgeschrieben hätte."

Grundsatzdiskussion

Nun aber darf Mailath wieder am Zug sein. Schließlich kosten die Vereinigten Bühnen 217,5 Millionen im Jahr. Und so plant er, demnächst eine Studie auszuschreiben, die ihm objektiv nachvollziehbare Daten über die Struktur des Standortes Wien für Musical und klassisches Musiktheater liefern soll:

"Wir brauchen klare Aussagen darüber, was es kosten würde, im Theater an der Wien mehr als bisher Oper zu spielen. Denn die Zahlen, die in den vorliegenden Konzepten genannt werden, divergieren massiv. Zudem: Was würde es kosten, das Ronacher für das Musical zu adaptieren? Und welche Konsequenzen hätte die Opernbespielung des Theaters an der Wien für die Staats- und die Volksoper? Würden das die beiden Häuser vertragen? Gibt es überhaupt genügend Nachfrage für klassisches Musiktheater in Wien? Oder würden uns Berliner Verhältnisse drohen?"

Mailath wünscht sich ein Vorliegen der Studie noch vor Weihnachten: "Anfang nächsten Jahres möchte ich eine Entscheidung treffen."

(DER STANDARD, Print, 30.08.2001)


Quelle: © derStandard.at